Wehe den Müslimissionaren!

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Beobachten Sie auch mit Sorge, dass die Zahl der Reformhausgesichter in Ihrem Bekanntenkreis von Jahr zu Jahr steigt? Sollten Sie von solchen Müslimissionaren umgeben sein, die freudlos in ihrem linksdrehenden Biojoghurt herumstochern und dabei auf ihren Pulsmesser schauen, dann brauchen Sie einen Psychiater: Manfred Lütz ist einer. Und dazu noch Psychotherapeut und Theologe. Drei Jahre nach seinem Bestseller "Der blockierte Riese, Psychoanalyse der katholischen Kirche" hat er wieder ein erfolgsverdächtiges Buch geschrieben: "LebensLust, Ein Buch über Risiken und Nebenwirkungen der Gesundheit und darüber, wie man länger Spaß am Leben hat." Spaß beim Lesen des Buches hat man auf alle Fälle (es sei denn, man gehört zur Fraktion der humorlosen Dinkellaibchenapostel).

Lütz legt nicht nur die Macht der überall herrschenden Gesundheitsreligion mit ihren Riten und Bußübungen bloß. Er hat in seiner Arzttasche auch ein Gegenrezept dazu: den Katholizismus. Der war laut Lütz immer lustvoll und sinnenfroh (wie im Barock), verfügt über jede Menge komischer Heiliger (wie Philippus Neri) und war von Anfang an ausgesprochen leibfreundlich. Andere Seiten werden systematisch ausgeblendet, dem freudlos-nüchternen Protestantismus oder heidnischen Philosophen zugeschoben. Und das süß verpackt, dass man den an und für sich starken Tobak willig schluckt.

Es folgt das Kapitel "Lebenshilfe von Manfred Lütz": Der Psychiater verteilt an seine depressiven Patienten leichte Zitate berühmter Philosophen und Psychotherapeuten, wie man wieder Lust aufs Leben bekommt. Vieles davon findet sich auch im Ratgeber-Teil von Life-Style-Magazinen, aber wieso soll man/frau sich so etwas nicht mal wieder in Erinnerung rufen? "Genieße den Augenblick" ist ja durchaus ein gutes Lebensmotto. Und allemal besser als Diätwahn sind saftige Formulierungen. Manfred Lütz serviert sie zuhauf, weshalb sein Buch ausgesprochen vergnüglich zu lesen ist. Nur einlullen sollte man sich von seinen Antidepressiva nicht lassen: Als Mediziner und Gesellschaftskritiker hat Lütz zwei scharfe Augen. Als Theologe ist er einäugig. Angelika Walser

LebensLust

Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult. Von Manfred Lütz, Pattloch, München 2002, 208 Seiten, e 15,40.

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