"Der Übergang gehört neu gestartet"

Werbung
Werbung
Werbung

Der aus der Zeit des Kommunismus bekannte bulgarische Dissident Edwin Sugarew hat vor Kurzem die "Bewegung 22" mitgegründet - eine progressiv-liberale Partei. 2013 ging er aus Protest gegen die bulgarische Regierung in den Hungerstreik. Im FURCHE-Interview spricht er über den aktuellen Konflikt zwischen Medienmogul Deljan Peewski und CCB-Mehrheitseigentümer Zwetan Wassilew.

DIE FURCHE: Wie ist es in Bulgarien zum Krieg der Oligarchen gekommen?

Edwin Sugarew: Bei der soeben aufgelösten Regierung mit Premier Plamen Orescharski an der Spitze war nichts so, wie es dargestellt wurde. Die Korruptionsbegehrlichkeiten wurden einfach zu groß -sogar für die Toleranzschwelle der Bulgaren. Und das Oligarchen-Tandem Deljan Peewski und Zwetan Wassilew ist dafür das anschaulichste Beispiel: Die beiden haben sich gigantische Finanz-Ressourcen angeeignet und eine Reihe von Schlüsselsektoren in der bulgarischen Wirtschaft besetzt. Ursprünglich waren sie mit der Partei der bulgarischen Türken (DPS) verbunden, die als korruptionsanfällig gilt. Doch sie haben auch die geopolitischen Prioritäten der Sozialisten (BSP) bedient, sprich die Prioritäten Moskaus. Und als es zu einem Konflikt zwischen diesen Regierungsparteien kam -der Zankapfel war vor allem das Pipeline-Projekt "South Stream" - sind bereits bestehende Reibungen zwischen den beiden Oligarchen eskaliert.

DIE FURCHE: Wie verläuft der Umsturz des aktuellen Oligarchen-Machtgefüges?

Sugarew: Der Grund des Oligarchen-Krieges liegt natürlich in finanziellen Interessen. Deljan Peewski weigert sich, seine millionenschweren Kredite für die Telekommunikationsgesellschaft Vivacom zu bedienen. Im Gegenzug gibt ihm Zwetan Wassilew keine Bankgarantie für seine Baufirmen, die den bulgarischen Teil der Ausschreibung für "South Stream" gewonnen haben. Und da beide an vielen Multis wie etwa der Bulgartabac Holding beteiligt sind, verläuft die Trennung schmerzhaft und spektakulär.

DIE FURCHE: Lassen sich die bulgarischen Oligarchen mit den entsprechenden Protagonisten in Russland vergleichen?

Sugarew: Es besteht eine große Ähnlichkeit. Oligarchen wurden von den Nachfolgern des kommunistischen Geheimdienstes kreiert, als die politische Macht der alten kommunistischen Partei in wirtschaftliche Macht übergeführt wurde. Die bulgarischen Oligarchen sind auch genetisch verbunden mit der Gangster-Welt der 1990er-Jahre. Die Politik, die wir heute erleben, ist nach der Regie der Oligarchen gelaufen. Bei ihrem Zerfall werden nun die Masken der Oligarchen abgelegt. Einer von ihnen, Deljan Peewski, ist im Zuge der einjährigen Anti-Regierungsproteste in Bulgarien zu einer Ikone des vereitelten Übergangs zur Demokratie geworden. Die ganze makabre Geschichte birgt jedoch auch einen Funken Licht: Man hat nun gesehen, dass nach dem Kommunismus in Bulgarien Postkommunismus folgte und nicht Demokratie. Der Übergang gehört also neu gestartet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung