Die Schweiz ist kein Steuerparadies

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James Nason, Sprecher der Schweizer Bankiervereinigung, erklärt, warum die Schweiz kein Steuerparadies ist und Steuergerechtigkeit bei jedem Einzelnen ansetzt.

Die Furche: Welche grundlegenden Vorteile haben die Kunden, wenn sie ihr Geld in der Schweiz anlegen?

James Nason: Viele internationale Anleger suchen einfach Sicherheit und Stabilität, vor allem wenn sie aus Ländern kommen, die kein funktionierendes Rechtssystem haben, oder wenn sie kein Vertrauen in ihre Banken oder Währungen besitzen. Hinzukommt, dass die Schweizer Banken im Bereich der Finanzwirtschaft ein sehr hohes Know-how haben. Einige Banken am Markt wurden schon im 18. Jahrhundert gegründet. Es wurde Wissen aufgebaut, wie man Geld anlegt, nicht nur in guten Zeiten, auch in Zeiten von Krisen. Weiter suchen die Bankiers die innovativsten Finanzprodukte aus der ganzen Welt aus, das ist für Kunden interessant, die ein größeres Risiko eingehen möchten.

Die Furche: Und natürlich das schon legendäre Schweizer Bankgeheimnis …

Nason: Ja, das ist natürlich ein Wettbewerbsvorteil für die Schweiz. Aber es ranken sich viele Mythen um dieses Bankgeheimnis. Wir versuchen vor allem ausländischen Medien und Politikern zu erklären, was es schützt und was nicht. Das Bankgeheimnis ist nichts Absolutes. Zunächst werden keine Kriminellen durch das Bankgeheimnis geschützt. Wenn ein Verbrechen vorliegt und der Schweizer Bundesanwalt oder ein Untersuchungsrichter ermittelt, dann fällt das Bankgeheimnis.

Die Furche: Ausländische Untersuchungsrichter können also fragen, ob jemand ein Konto bei einer Bank besitzt?

Nason: Nein, sogenannte "Fishing Expeditions" sind nicht erlaubt. Es muss schon eine Ermittlung stattfinden und ein Verbrechen bereits begangen worden sein. Allein wenn es um Geldwäscherei geht, sind Schweizer Banken verpflichtet, sofort die nötigen Informationen an die Behörde in Bern zu übermitteln und gleichzeitig das Konto zu sperren.

Die Furche: Die Schweiz unterscheidet genau zwischen Steuerhinterziehung und -betrug …

Nason: Wenn jemand "vergisst", seine Steuern zu zahlen, dann ist das Hinterziehung, und in der Schweiz nicht kriminell. Steuerhinterziehung wird aber mit saftigen administrativen Geldbußen bestraft. Wenn aber Betrug im Spiel ist, sei es durch Urkundenfälschung, dann ist das sehr wohl ein Tatbestand. Das verstehen viele in der Welt nicht, aber die Schweizer gehen davon aus, dass jeder Bürger dafür selber Verantwortung trägt, seine Steuern zu zahlen. Österreich kann aber zum Beispiel offiziell ansuchen, wenn es Kundendaten benötigt. Das Justizministerium prüft, ob es sich um eine Straftat handelt und ob der Fall rechtshilfefähig ist.

Die Furche: Wie hoch sind die Summen, die derzeit in der Schweiz veranlagt sind?

Nason: Rund ein Drittel des weltweit grenzüberschreitenden Privatvermögens wird von der Schweiz aus verwaltet. Die Nationalbank geht insgesamt von circa 5000 Milliarden Franken an Wertschrift-Beständen aus.

5000

Circa 5000 Milliarden Schweizer Franken (3349 Milliarden Euro) wurden mit Ende 2007 laut Schweizer Nationalbank an Wertschrift-Beständen (Aktien, Anleihen und dergleichen) in Kundendepots verwaltet. Die Zahl bezieht sich auf alle in- und ausländischen Kunden, seien sie private, kommerzielle oder institutionelle Anleger.

Das Gespräch führte Thomas Meickl

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