Hausdurchsuchung bei Banken: Überflüssig, aber lehrreich

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Vergangene Woche erhielten einige prominente österreichische Banken unangemeldeten Besuch aus Brüssel: Kommissar Karel van Mierts Wettbewerbswächter suchten nach Unterlagen, die den Vorwurf der Absprache der Bank-Konditionen erhärten sollten, den der vor einem Jahr tragisch aus dem Leben geschiedene Kontrollbank-Vorstand Gerhard Praschak in seinem Abschiedsbrief erhoben hatte.

Den Weg nach Wien und die peinlichen Hausdurchsuchungen hätten sich die Herren sparen können: Ein Blick in die Bank-Bilanzen oder ein Anruf bei führenden Wirtschaftsjournalisten hätte schnell gezeigt, daß hier wohl kaum ein Konditionen-Kartell am Werk sein kann. Zinsenspanne (Differenz zwischen Kredit- und Einlagezinsen) und Gewinne liegen weit unter dem internationalen Durchschnitt, und an den Bankschaltern geht's, wie jeder Kunde weiß, eher zu wie in orientalischen Basaren denn in einem Amt mit streng geregelten Preisen. Selbst die gestrenge Arbeiterkammer, die sonst immer und überall Absprachen zum Schaden der Konsumenten wittert, fand die Aktion überzogen.

Lehrreich war sie allemal. Dank der großen Publizität, welche die Kommando-Aktion der van-Miert-Truppe fand, wissen nun auch Klein- und Mittelbetriebe, daß es erstens in der EU ein viel strengeres Wettbewerbsrecht als bis dato in Österreich gibt; und daß zweitens, was entscheidender ist, die zuständige EU-Kommission, anders als hierzulande üblich, auch gewillt ist, dieses Wettbewerbsrecht in der Praxis durchzusetzen.

Die Brüsseler Wettbewerbshüter schrecken, wie man bei Volkswagen mittlerweile weiß, auch vor saftigen Strafen nicht zurück: Der Strafrahmen beträgt zehn Prozent des Jahresumsatzes, der VW-Konzern wurde immerhin zu einer Strafe von 1,400 Millionen Schilling verdonnert (und hat dagegen berufen).

Der missionarische Eifer von Wettbewerbskommissar Karl van Miert mag dem gelernten Österreicher etwas übertrieben vorkommen. Manchmal erwecken sogar Fachtagungen von Wirtschaftsverbänden und Branchenstammtische seinen Argwohn. Faktum ist freilich: Der freie, funktionierende Wettbewerb ist eine der tragenden Säulen des EU-Gebäudes. Ohne funktionierenden Wettbewerb funktioniert die gesamte EU nicht.

Für viele im Schonraum österreichische Unternehmen ist es ein teils schmerzhafter Lernprozeß. Da und dort, hört man, versucht man dem rauhen Wettbewerbswind aus Brüssel trotzdem "österreichisch" zu begegnen: Heikle Papiere werden nicht mehr abgelegt, sondern nach "Informationsveranstaltungen" wieder eingesammelt und vernichtet.

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