OMV + Verbund = Lobby + Knowhow

Werbung
Werbung
Werbung

OMV und Verbund wollen fusionieren, die Reaktionen sind gespalten: Die Gegner sehen wenig Nutzen und die Gefahr eines marktbeherrschenden Giganten. Johannes Benigni, Österreich-Chef des internationalen Ölhändlers PVM Oil Associates, sieht das anders.

Die Furche: Herr Benigni, mit der Fusion von omv und Verbund wären Gas, Öl und Strom in einer Hand. Diese Vorstellung wird längst nicht von allen goutiert. Wie stehen Sie dazu?

Johannes Benigni: Ich habe schon seit mehreren Jahren die Meinung vertreten, dass die omv mit den Gewinnen, die sie erwirtschaftet, ihr Portfolio erweitern sollte. Eines der Ziele der Fusion ist ja der Einstieg in den Bereich Kraftwerke. Mit dem Kauf von Kraftwerken könnte die omv in Osteuropa ihre Marktposition nützen. Den Plan halte ich grundsätzlich also für sehr gut. Die omv macht die Dinge nun ein bisschen größer, aber die grundsätzliche Strategie, in Osteuropa im Kraftwerkssegment einzusteigen, könnte auch von mir sein.

Die Furche: Die Anleger haben zuerst nicht positiv reagiert, die Kurse sind bei Bekanntwerden des geplanten Deals gefallen. War das zu erwarten?

Benigni: Ich glaube, die Anleger haben nicht ganz verstanden, worum es geht. Es ist die Frage, ob man das überhaupt kommunizieren kann.

Die Furche: Versuchen Sie es: Wo sehen Sie Verständnisprobleme?

Benigni: Ich denke, dass die Marktmöglichkeiten in Osteuropa nicht so transparent sind, dass das unbedingt jeder wirklich versteht. Man kann dort allein mit der Tatsache, dass man eine starke Position hat - und die omv ist in diesen Ländern relativ stark vertreten - schon sehr viel anfangen. Nur hat die omv das Knowhow im Kraftwerksbau nicht. Dazu ist jetzt natürlich die politische Komponente gekommen, dass man sagt, omv und Verbund machen da jetzt etwas gemeinsam. Ich sage nicht, dass das eine originäre omv-Strategie ist, was da passiert. Aber in der Türkei und den Ländern Südosteuropas in den Kraftwerkspark einzusteigen, ist absolut sinnvoll.

Die Furche: Und was nützt es dem Verbund?

Benigni: Der Verbund könnte nicht einfach in diese Länder reinmarschieren und sagen "Jetzt bin ich da". Die omv sitzt aber dort überall schon seit Jahren. Die haben das Netzwerk, die haben die Lobbying-Kraft, daher ist es sinnvoll, dass sie das gemeinsam machen. Für den Verbund ist zusätzlich einer der größten Vorteile, dass er die Landesgesellschaften los wird, die bisher alle Strategien boykottiert haben. Man muss ja ehrlich sagen, dass der Verbund jahrelang in deren Geiselhaft war. Er hätte viel besser performen können, wenn man ihn gelassen hätte.

Die Furche: Analysten wie etwa die von Goldman Sachs sehen allerdings nur Synergien im Gasbereich, und auch diese seien nur minimal, ebenso der strategische Wert des Deals.

Benigni: Ich sehe für die omv klare Vorteile. Wir haben derzeit einen hohen Ölpreis mit daraus resultierenden hohen Profiten der Ölunternehmen. Die omv hat nun die Möglichkeit, diese Profite sinnvoll zu investieren. Damit verbreitert sie ihr Portfolio und wird in den nächsten Jahren, wenn der Ölpreis fällt, wesentlich stabiler dastehen als jede andere Ölfirma. Zweitens können nach der Fusion Geschäfte angegangen werde, die sonst nicht funktioniert hätten. Um es nochmal zusammenzufassen: Die omv hat die Connections, aber nicht das Knowhow, der Verbund hat das Knowhow, aber nicht die Connections in diesen Ländern. Klar, die Synergien im Gasbereich sind am offensichtlichsten. Aber gerade in Ländern wie der Türkei muss man politisch stark aufgestellt sein, um dort erfolgreich tätig zu sein. Und die omv hat es jetzt geschafft, sich eine der stärksten Industriefamilien als Partner zu holen. Die haben jetzt die Chance, in der Türkei massiv im Kraftwerksbereich etwas zu machen. Das hätte der Verbund nie im Leben geschafft. Für beide Firmen schaut etwas heraus.

Die Furche: Wegen einer möglichen marktbeherrschenden Stellungen machen Sie sich keine Sorgen? Skeptiker befürchten mangelnden Wettbewerb.

Benigni: Das ist doch Blödsinn. Die omv ist in keiner marktbeherrschenden Stellung, das kann man wirklich nicht behaupten. Und wer sagt, sie würde den Preis diktieren, hat den Markt nicht verstanden. Der Ölpreis wird ja von keiner Firma bestimmt, sondern an den Börsen. Der internationale Markt macht etwa 95 Prozent des Preises aus, den Rest der jeweilige regionale Markt. Der Regionalpreis in Mitteleuropa wird aufgrund von alternativen Angeboten bestimmt. Nehmen Sie als Beispiel den Mittelmeerraum als Markt. Derzeit gibt es hier zu wenig Produkte wegen Produktabflüssen: Der Irak importiert, die Türkei importiert. Es geht relativ viel Benzin vom Mittelmeermarkt in den mittleren Osten. Wenn in diesen Ländern mehr gezahlt wird für Erdöl und Erdölprodukte als hier, dann fließt das Öl eben dorthin. Das ist die Wirkung von Angebot und Nachfrage. Und der Mittelmeermarkt ist relevant für den Süden Österreichs, für Rumänien. Es ist nicht eine Firma, die den Preis diktiert.

Die Furche: Wie sehen Sie die Perspektiven ohne Fusion?

Benigni: Der Verbund täte mir Leid, weil er weiterhin dominiert würde von den Landesgesellschaften. Und die omv würde eben ihr Portfolio nicht optimieren, wenn sie nicht in den Kraftwerksbereich ginge. Aber allein hat sie keine Erfahrung mit Transmission und Produktion, deshalb ist eine Allianz mit einer Stromfirma sinnvoll. Ob das der Verbund sein muss, ist eine politische Frage. Aber insgesamt ist es schon richtig.

Die Furche: Warum sind aber sonst überall Öl und Gas vom Stromgeschäft getrennt, wenn eine Fusion dieser drei Bereiche doch eine so perfekte Lösung ist?

Benigni: Weiß ich nicht, aber davon lasse ich mich nicht beeindrucken. Sonst könnte man ja immer nur das nachmachen, was andere auch tun. Ich befürworte diese Idee seit mehreren Jahren. Dass das jetzt in diesem großen Stil gemacht wird, ist eine Frage des Geschmacks.

Das Gespräch führte Claudia Feiertag

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung