Semmering: Totgesagte leben länger

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REPLIK. In seiner letzten "Federspiel"-Kolumne (FURCHE Nr. 7, S. 18) hatte Franz Zoglauer unter dem Titel "Lebenszeichen aus dem Koma" scharfe Kritik am Umgang des Landes Niederösterreich mit dem Semmering geübt. Ein Verantwortlicher hält dagegen.

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REPLIK. In seiner letzten "Federspiel"-Kolumne (FURCHE Nr. 7, S. 18) hatte Franz Zoglauer unter dem Titel "Lebenszeichen aus dem Koma" scharfe Kritik am Umgang des Landes Niederösterreich mit dem Semmering geübt. Ein Verantwortlicher hält dagegen.

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In der Berichterstattung der FUR-CHE scheint sich ein Gerücht besonders hartnäckig zu halten: "Mit dem Verkauf der Liftanlagen an eine ukrainische Gesellschaft hat die Politik dem Semmering die Herz-Lungenmaschine abgeschaltet", diagnostizierte Historiker Wolfgang Kos am 25. Jänner 2018 (Interview Nr. 4/18, S. 19; red). Ziemlich genau ein Jahr später greift Franz Zoglauer ebenfalls zu einem Sprachbild aus der Medizin und ortet am Semmering ein "Lebenszeichen aus dem Koma". Zugleich holt er wortgewaltig gegen das Land Niederösterreich aus: Man habe zugelassen, dass "wichtige Bauten [ ] größtenteils an eine ukrainische Gesellschaft verkauft" wurden.

Richtig ist: Das Land Niederösterreich war weder Besitzer der Liftanlagen am Semmering noch der von Zoglauer genannten Objekte. In den Jahren 2012 und 2013 wurde mit den damaligen Haupteigentümern eine Beteiligung des Landes an der Liftgesellschaft ausverhandelt sowie ein Investitionspaket vereinbart. Dieser unterschriftsreife Vertrag mit der landeseigenen Bergbahnen-Beteiligungsgesellschaft ist jedoch nicht zustande gekommen, weil sich die Vorbesitzer entschieden hatten, stattdessen an die Panhans-Gruppe mit ihren mehrheitlich ukrainischen Investoren zu verkaufen.

Auch im Vorwinter, als zu Saisonbeginn gehäuft operative Probleme beim Skigebiet auftraten, ist das Land Niederösterreich aktiv geworden und hat ein langfristiges Pachtangebot gelegt, das auch mit konkreten Investitionsüberlegungen verbunden war. Dieses wurde von der Panhans-Gruppe abgelehnt. Beide unternehmerischen Entscheidungen privater Eigentümer sind vom Land Niederösterreich selbstverständlich zu akzeptieren.

Die Panhans-Gruppe hat seit 2012 zwei der von Zoglauer genannten Objekte erworben. Im Falle des Panhans erfolgte dies als Bestbieter im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. In keinem Fall war oder ist das Land Niederösterreich Eigentümer. Zoglauers Hinweis auf das Vorgehen des Landes Salzburg bei drei historischen Bauten in Bad Gastein ist sicherlich gut gemeint, nur lassen sich weder die Eigentümerstrukturen noch das Entwicklungspotenzial der konkreten Immobilien mit der Situation am Semmering vergleichen.

Als "Todesurteil für den Ort" betrachtet Zoglauer, "wenn das Weltkulturerbe 'Südbahn' durch den Basistunnel ersetzt wird und nur noch von Nostalgiezügen befahren wird". Sämtliche Strategie-und Bürgerbeteiligungsprozesse am Standort sehen dies jedoch ganz im Gegenteil als große Chance für eine touristische Neuerfindung des Semmering. Denn erstens kann die Semmeringeisenbahn dann ganz im Sinne der Besucher bespielt werden, und zweitens sinkt natürlich auch die Belastung durch Lärmemissionen für Bevölkerung und Gäste.

Angesichts der touristischen und kulturellen Bedeutung des Semmering unterstützt das Land Niederösterreich genau solche Initiativen wie auch die Ausbaupläne der im von Zoglauer zitierten Ö1-Beitrag zu Wort kommenden und weiterer junger Unternehmer.

Am Semmering ist zweifellos noch viel zu tun, aber Totgesagte leben länger. Wie das Beispiel St. Corona am Wechsel mit einem teilweisen Rückbau der Liftanlagen und neuen Angeboten wie den Mountainbike-Routen "Wexl Trails" zeigt, ist das Land Niederösterreich bereit, auch unkonventionelle Konzepte der Erneuerung zu unterstützen. Wobei die Initiativen nicht von St. Pölten aus verordnet werden können, sondern von der Region ausgeh n und von den maßgeblichen Beteiligten am Standort mitgetragen werden müssen.

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