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Mit Kobalt gegen Moskitos

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Der Ort, der für die Argentinier als Symbol ihrer Teilnahme an den Fortechritten der Technologie gelten wird, ist Aktcha (in der Provinz Buenos Aires), wo Siemens in dem zweiten der vier Bauabschnitte das erste Atomkraftwerk Lateinamerikas (mit einer Potenz von 313 Megawatt) errichtet, das 1972 fertiggestellt sein soll. Ein zweites Atomkraftwerk (mit 150 Megawatt) soll in der aufstrebenden Industriezone der Provinz Cordoba gebaut werden. Man nimmt an, daß auch die Ausführung dieses Projektes der deutschen Industrie zugesprochen wird. (Es soll 1975 fertig werden.)

Bis vor kurzem wurde in brasilianischen Regierungskreisen erklärt, daß das Land ein Kernkraftwerk wegen des derzeitigen gewaltigen Ausbaues der hydroelektrischen Energiequellen erst 1985 benötige. Doch hat der Standpunkt der Regierung — offensichtlich wegen der argentinischen Konkurrenz — gewechselt. Man plant jetzt die Errichtung eines Kernkraftwerkes schon für das Jahr 1976, wobei es angesichts der intensiven internationalen Konkur-

renz noch nicht feststeht, ob die zwischen Brasilien und der Bundesrepublik getroffenen Vereinbarungen über den Austausch wissenschaftlicher Informationen und gemeinsame Forschung ihr auch den Industrieauftrag sichern.

Ehrgeiz mit Versuchen

Im übrigen gibt es in Argentinien vier, in Brasilien drei und In Kolumbien, Mexiko, Uruguay und Venezuela je einen Forschungs- oder Untersuchungsreaktor. Chile hat einen Experimemtierreaktor In England bestellt, bekommt ihn aber erst 1971 geliefert. Argentinien hat einen sehr anspruchsvollen 10-Jahres-Atomplan verkündet, bei dem unter anderem außer den Kernkraftwerken in Atucha und Cordoba ein .gemischtes nuklear-elektrisches Kraftwerk mit 500 Megawatt in der Provinz Buenos Aires vorgesehen ist und das Atomzentrum von Ezeiza, das heute über einen Untersuchungsreaktor von 5000 Kilowatt verfügt, großzügig erweitert werden soll. Die Atomkraft soll unter anderem zur Pasteurisierung von Lebensmit-

,teln, zur Bekämpfung der Insektenplage bei der Lagerung von Getreide und zur Sterilisierung von Schmarotzern verwendet werden. Auf diesem Gebiet liegt auch der interessanteste Versuch, der zur Zeit in Brasilien Unternommen wird: In der Tropenstadt Recife führen brasilianische Sachverständige mit Spezialisten der Nuklearkommission der UN die sogenannte „Operation Gamma“ durch. In dieser Zone ist ein Riesenmoskito — (culex anophe-les) — Verbreiter einer Blutkrankheit, die zur Elephantiasis und oft auch zum Tode führt. Die Nuklearkommission der UN hat eine Kobaltbombe zur Verfügung gestellt, um mit deren Gammastrahlen männliche Moskitos zeugungsunfähig zu machen. Von den verschiedensten Stellen der Gesundheitspflege usw. werden täglich etwa 1000 Moskitos eingeliefert, die bestrahlt und wieder ausgesetzt werden. Ob man dort die notwendige Beharrlichkeit aufbringt, um ein Experiment durchzuführen, das mehrere Jahre hindurch nicht unterbrochen werden darf, bleibt abzuwarten.

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