Organe für zwei neue Leben

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Österreich liegt bei Organspenden im internationalen Spitzenfeld. Ein neues Herz und eine Lunge gaben Rosi Schuster und Elisabeth Netter die Chance, selbstbestimmt weiterzuleben.

Sobald eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung eintrat, gab ein implantierter Defibrillator einen elektrischen Schlag ab. Das erlebte Rosi Schuster in sechs Jahren über 80 Mal bei vollem Bewusstsein. Einmal war es so stark, dass sie einen verankerten Küchentisch ausriss. Vor drei Jahren wurde ihr ein fremdes Herz eingesetzt. "Das war eine Erlösung", erzählt die ehemalige Diplomkrankenschwester.

Im Vorjahr wurden in Österreich von mehr als 200 Menschen im Hirntodstadium Organe entnommen, die Erkrankten wie Rosi Schuster das Weiterleben ermöglichten. Mit 25 Spendern pro eine Million Einwohner liegt Österreich im internationalen Spitzenfeld. Dennoch warten derzeit mehr als 1100 Patienten und Patientinnen auf passende Organe. Die Zahl der postmortalen Spender könnte durch mehr Transplantationsbeauftragte steigen, so Ferdinand Mühlbacher, Leiter der Transplantationschirurgie des AKH Wien. Von ihnen erwarte er sich, dass sie den Organspendegedanken in Spitälern mit Überzeugung und Nachdruck vertreten.

In Österreich ist jeder Organspender, der sich nicht in das offizielle Widerspruchsregister einträgt. Die Angehörigen werden vom Tod und einer möglichen Organentnahme informiert. Nur in seltenen Fällen erheben sie dagegen Einspruch. Bei strikter Ablehnung werde trotz Widerspruchsregelung auf die Organe verzichtet. "Wir wollen als Ärzte nichts gegen menschlichen Willen tun", sagt Mühlbacher. Die Angehörigen von Rosi Schusters anonymem Spender oder anonymen Spenderin verweigerten die Organspende nicht.

"Ich habe einen Humor, der ist nicht zum Umbringen", sagt sie lächelnd. Ihre zwei Kinder und Freunde unterstützten sie, als sich die Herzkrankheit verschlechterte und sie in Berufsunfähigkeitspension gehen musste. Das Leben vor der Operation sei ein "Dahinvegetieren" gewesen, umso glücklicher war Schuster darüber, auf eine Warteliste für ein Herz zu kommen.

Jeder Spender in Österreich wird an die gemeinnützige Stiftung Eurotransplant gemeldet, eine Vermittlungsstelle für den Austausch von Spendeorganen in Österreich, Deutschland, den Benelux-Staaten, Slowenien und Kroatien. Die Organe werden anhand nationaler Wartelisten zugeteilt.

"Wir haben ein Herz für Sie"

Die durchschnittliche Wartezeit für ein Herz liegt bei fünf Monaten. Nach nur fünf Wochen war es für Rosi Schuster so weit. Das AKH teilte ihr mit: "Wir haben ein Herz für Sie." "Da war mein altes Herz in der Hose", erzählt sie und lacht. Auf der Fahrt ins Spital sagte sie: "Burschen, wir fahren um mein neues Leben." Angst hatte sie nicht, nur den Wunsch, "wieder Ich" zu sein. Das neue Herz nahm sie nach der Operation als ihres an. "Ich wusste, ich habe keinem anderen Menschen das Leben weggenommen", meint Schuster. Er war bereits Hirntod.

Seit drei Jahren feiert sie am Tag der Transplantation "Geburtstag". Dieses Jahr zündete sie im Gedenken an den Spender am Friedhof eine Kerze an. Einen anderen Ort besuchte Elisabeth Netter am neunten Jahrestag ihrer Lungentransplantation. Die Leiterin des "Österreichischen Verbandes der Herz- und Lungentransplantierten" (HLuTX) bedankte sich auf einer Intensivstation mit Blumen beim Personal für die Betreuung. Netter berät als Betroffene erkrankte Menschen vor und nach Transplantationen und ihre Angehörigen. Vielen hilft es, mit Menschen zu reden, die eine Transplantation bereits überstanden haben.

Rosi Schuster und Elisabeth Netter wirken gesund, beide müssen aber lebenslang Medikamente nehmen, die ihr Immunsystem schwächen. Das soll eine Abstoßung des Organs verhindern. Die Angst davor bleibe im Hinterkopf, das Leben bleibe aber lebenswert, im Vergleich dazu, wie es vorher war, ist Netter überzeugt. Lungentransplantierte seien generell anfällig, sie habe bisher keine Probleme und könne sich für andere einsetzen.

Rosi Schuster ist gesundheitlich nicht so stabil. Sie engagiert sich aber im Verband und verreist wieder, so besuchte sie Sizilien. Ihrem Umfeld zeigt sie auf: "Weil ich leben kann, freue ich mich und versuche das weiterzugeben."

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