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Kein „roter Oktober“ in Madrid

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„Der Radau hört auf und jetzt beginnt die Schießerei!“ hatte Federico Garcia Lorca in einem noch heute gesungenen Lied behauptet, das sich besonderer Beliebtheit bei den spanischen Studenten erfreut. Diese Behauptung findet heute in kondensierter und vorläufig noch gemäßigter Form ihre Bestätigung. Bei den Studenten- und Arbeiterkrawallen der letzten Oktobertage gab die Polizei auf dem Madrider Universitätsgelände und in der Innenstadt sowie in einem Industrievorort Warnschüsse ab. Es war dies zum erstenmal seit vielen Jahren, daß man in Spaniens Hauptstadt Schüsse hörte. Es steht aber zu befürchten, daß es nicht das letzte Mal gewesen ist. Denn die Studenten, die durch die Sommerferien zur Ruhe gezwungen waren, sind entschlossen, ihre Protestaktionen weiterzuführen. Und das Wintersemester hat erst begonnen...

Im Grunde genommen sind es die gleichen Probleme, die Studenten und Arbeiter beunruhigen, und die alle ihren Ursprung in dem Drang nach Gewerkschaftsfreiheit haben.

Die „freie Studentengewerkschaft“, die in Barcelona, Madrid und anderen Universitäten gegründet wurde, ist durch Richterspruch als illegal erklärt worden. Trotzdem setzen die Studenten ihre turbulenten Bemühungen um legale Anerkennung dieser Gewerkschaft fort.

Tagtäglich veranstalten sie in der Madrider wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ihre sogenannten „freien“ (illegalen) Versammlungen, um im Anschluß daran auf dem von Polizisten mit Hunden und Spritzenwagen umzingelten Universitätsgelände solange nach Freiheit zu skandieren und Zeitungen zu verbrennen, mit deren Berichterstattung sie nicht einverstanden sind, bis die Ordnungshüter sie knüppelschwingend auseinandertreiben. Nicht selten kommt es dann zu regelrechten Steinschlachten mit Verletzten auf beiden Seiten und zu Verfolgungen, die entweder an den Eingängen der Fakultäten — falls die Polizisten nicht in sie eindringen — oder oftmals im Polizeigefängnis enden. Zurückbleiben scherbenübersäte Straßen.

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