Ein Politiker denkt an die nächste Wahl; ein Staatsmann an die nächste Generation. Bruno Kreisky ist Politiker, ganz zweifellos einer der trickreichsten, die je in Österreich diese Profession ausübten. Es scheint, als hätte er ein geradezu untrügliches Gespür für Emotionen und Stimmungen in der Bevölkerung; er beherrscht die Gefühlswelt der Österreicher und lä^t sich von ihr bei seinen Handlungen leiten.
In der Debatte um die Konvention gegen rassische Diskriminierung am 15. März 1972 im Nationalrat begründete der Wiener FP-Obrnann Tassilo Broesigke die Ablehnung seiner Partei damit, daß „die halbe Weltliteratur von der Überlegenheit einer Rasse ausgeht“. Mitte Juli 1972 meinte sein Stellvertreter Hans Kleiment, bis vor kurzem einer der vier FPÖ-Gemeinderäte in Wien, in einem Zeitungsinterview, daß die FPÖ „keine Koalition mit dem Juden Kreisky eingehen dürfe“; wenn der FP-Bundesobmann Friedrich Peter eine solche Koalition befürworte, so geschehe dies nur aus optischen und
Es gibt nun auch in der Regierungspartei zahlreiche höhere Funktionäre, die freimütig bezweifeln, daß Österreich noch mit der alleinigen Zielsetzung regiert wird, das außer Rand und Band geratene Preisgefüge unter Kontrolle zu bringen. Die Ursache dieses tiefen Mißtrauens gegenüber dem Kabinett Kreisky ist in der Abfolge von politischen Handlungen begründet, die den Bundeskanzler als nach wie vor exzellenten Taktiker ausweisen, seine Fähigkeiten zur Bewältigung komplizierter wirtschaftlicher Probleme aber ernsthaft in Frage stellen: nach nunmehr drei Jahren Inflation an Österreich
Bang fragt Thomas Lachs, volkswirtschaftlicher Referent des ÖGB, in der jüngsten Nummer der „Arbeit und Wirtschaft“, ob Österreich „die Talfahrt ausgelassen“ habe. Rechtens befürchtet er einen „entscheidenden Konjunkturrückschlag“, wenn es nicht gelingt, „die Preise in den Griff zu bekommen“ und bestätigt so, daß angesichts der für das kommende Jahr vorgelegten Prognosen über eine inflationäre Entwicklung mit Geldentwertungsraten von 8, 9, 10 oder mehr Prozent das Schreckensgespenst der „Stagflation“ nicht auszuschließen sei.Dies von einem ÖGB-Funktionär in
Wenige Tage vor der Paraphierung und feierlichen Vertragsunterzeichnung im Brüsseler Palais d'Egmont wurde das Ergebnis einer Meinungsumfrage über das Verhältnis der (befragten) Österreicher zu einem größeren (wirtschaftlichen) Europa veröffentlicht. Dabei wurde herausgestellt, daß acht von zehn befragten Personen der Ansicht sind, daß ein Zusammenschluß mit Europa dem neutralen Kleinstaat vorwiegend Vorteile bringen werde. Dieses Ergebnis muß angesichts der Tatsache, daß heute im wirtschaftlichen Bereich mit wenigen Ausnahmen kaum genaue Aussagen über die Auswirkungen der