Am 30. Dezember 1920 bereits erließ der VIII. Alirussische Sowjetkongreß jenen ersten Demobilisierungsbefehl, c£er schon von Kalinin gezeichnet ist. Alle Gegner waren geschlagen.Begreift jemand, das Geheimnis dieses Reichs? Freilich, man kann ursächliche Erklärungen finden, man kann Von der Korrumpierung der gegnerischen Truppen durch bolschewistische Agitatoren sprechen, von den, vielen, zugunsten der Roten.angezettelten Bauernaufständen, deren Freischärler den Weißen auf Schritt und Tritt größten Schaden taten, oder man kann auch auf die überlegene Persönlichkeit Lenins hinweisen
Nachdem der Pfarrer Frau Lehner auseinandergesetzt hatte, daß ein Akademieprofessor aus München ihn aufgesucht habe, wegen der außerordentlichen Stimme ihrer Ältesten — sie sang im Kirchenchor — und daß, nach Meinung jenes Sachverständigen, dem Mädchen eine große Zukunft als Opernsängerin so gut wie gewiß sei, sagte Frau Lehner: „Mein Dirndl wird keine Komödiantin.“ Damit war's erledigt. Das Dirndl heiratete später einen ebenfalls ungewöhnlich begabten Menschen. Er hatte alle Prüfungen auf der Lehrerbildungsanstalt mit der bestmöglichen Benotung abgelegt und es lag auf
Die Sprache kann nur immerwährend gesunden — und das muß sie, denn sie erkrankt ebenso immerwährend — aus ihrer Matrix, die noch wortlos ist: aus unserer Zugänglichkeit und Empfangsamkeit, aus der Apperceptivität. Der Grundsumpf unserer Eindrucksfähigkeit, freigelegt durch das Zerschlagen der ihn überwachsenden Decke von sprachlichen Erstarrungsformen — die sich als bequeme Särge stets ange- boten haben, in denen wir ein gut Teil unserer ungeborenen SprachlichĮceit bestatteten —, dieser Grundsumpf aus noch nie berührten Erlebnissen und Zuständen unserer Vergangenheit: er ist
Sėdit zwanzig Jahren schon sehnte ich mich aus den heißen Gassen. Nie bracht’ ich’s dahin, dort hinaus an den Rand zu zieh’n. Ich hatte eine besonders bdiligie und für mich geeignete Wohnung: Voraussetzung meiner Arbeit und Existenz. Auch hätte ich eine Übersiedlung gar nicht zu bezahlen vermocht (oder ich bildete mir das so ein). Wie’s denn geht: Üibei und Mängel schleppen sich zäh und tranig hin, das Gute kommt dem Geduldigen doch überraschend heran. Daß ich durch plötzliche und gründliche Veränderung meiner Umstände nunmehr in der Lage war, dort draußen eine Wohnung
18. Juni 1945 (Montag)Literatur und Schrifttum. Oft lieg’ ich ein paar Pferdelängen hinter Gütersloh. Heut’ erst wird mir die Trennung zwischen „Literatur" und „Schrifttum“ zur flagranten Frage, seh’ ich die Notwendigkeit einer Abgrenzung „literaturkirchlicher“ Art von einem Terrain, das andauernd üblen Geruch entsendet hat, also ungefähr die profundeste Art von Störung, welche es überhaupt geben kann: schon vor 1933, aber in den folgenden Jahren mit verstärkter Intensität. Gleichzeitig damit wurde dann das Wort „Schrifttum“ wie eine Parole ausgegeben: und damit
DER SCHRIFTSTELLER IM KREUZFEUER DER IDEOLOGIEN. Von Eugen G ü r 11 e r. Verlag Anton Pustet, München, 1962. 93 Seiten. Preis 5.80 DM.Die Haupt- und Doktorfrage unserer Zeit ist und bleibt die nach dem Grade ihrer eigenen Wirklichkeit. Welche gewundenen Wege geht das Irreale, um schließlich als konkrete Tatsache in die Welt springen zu können, sie immer mehr mit solchen unleugbaren Fakten ausreichend, die, zusammengebacken, zuletzt den Koprolithen des totalen Staates ergeben?Eugen Gürster, wesentlich ein dramatischer Autor — zu Hitlers Zeiten spielte ihn das Ausland unter Namen Hermann
Eines der Grundgesetze des Daseins ist das der Begegnung, sagt Jakob Wassermann einmal. Mir kann Österreich nicht begegnen, denn es umgibt mich, mit einer leichten Schwellung des Horizonts, so daß ich mich diesem gegenüber etwas eingesunken fühle. Ein knietiefer Österreicher (kein knieweicher, möchte ich mir erlauben, zu bemerken). Österreich also könnte mir nicht begegnen. Dafür begegnete mir der Schriftsteller Walter von Cube.Nach dem ersten Schmecken seiner Prosa, ihrer Kadenzierung, ihres sehr gelassenen Duktus, dort, wo sie sich wendet, um den Gegenstand von einer anderen Seite
Pista Grauermann, Hörer der Kon-sularakademie (früher „Orientalischen Akademie“), und Etelka Stangeier, die Schwester Renes, sind verlobt. Jagdhunde wurden die Hörer des ersten Jahrgangs der Akademie genannt.