Da sitzt du, siebzig Kilo schwer, die Goldfeder gespitzt, und sollst Rede und Antwort stehen. In München sitzt du, mit dem Blick auf eine Bürohäuserlandschaft, geplagt vom Lärm und deiner verdammten Sensibilität. Einer Mitte Vierzig, der sich seit über zwanzig Jahren die Ärmel an derselben hellen Birnenholzplatte blank scheuert, sich den Kopf kratzt, die Pfeife nicht ausgehen läßt. Ein Mann, nach Worten suchend.Ich weiß, es ist lachhaft. Wem ist damit gedient? Und doch — den größten Teil der Zeit finde ich das Füllen leerer Seiten mit schwarzen Buchstaben durchaus natürlich, zu
Über meine Spurenwächst das verflossene Jahr.Düfte von Anasfächelt der Septemberwind,Bart und Braue gilben,bronzener Schweißnetzt den Teer der Serpentine,die zum Herbst schwingt.Rhön und Sudeten,Spessart und Harz.Was ich in den Schenken sang,mit einer Stimmeaus Honig und Flachswenn die Gitarre im Bier schwammund mein Gelächterdie Lampen zersplitterte,wenn ich das Messer am Mondwetzte — ich verstehe es nicht mehr.Rhön und Sudeten, Spessart und Harz.Meine gelbe Gurgel ist wie die Kapsel des Mohns, trockener Traum klirrt darin. Frauenhaut, heiß und bunt, Jüngere spüren ihr Lodern, Wo
Es hat in den letzten Jahrzehnten nicht an Stimmen gefehlt, die dafür plädierten, das Wort „Dichter“ abzuschaffen. Immer wieder hieß es da, dieses Wort sei zu feierlich, verstiegen, typisch deutsch.Aber so leicht ist es offenbar nicht auszumerzen. Daß es jedenfalls noch munter am Leben ist, kann man aus den neuerlichen Bemühungen ersehen, die es jetzt endgültig zur Strecke bringen möchten. Junge progressive Germanisten, einige Kritiker und Liberaturproduzenten blasen Halali.Wir werden uns hüten zu definieren, was ein Dichter ist. Auch die Geschichte des Wortes „Dichter“ wollen
Das Wort „modern“ dürfte in seiner gegenwärtigen Bedeutung nicht viel älter sein als hundert Jahre. Zunächst war es nichts weiter als Kennzeichnung: jener Kräfte, die den Kanon des Uberlieferten verworfen hatten und um Traditionsfreiheit kämpften. Doch sagt jemand heutzutage „modern“, fällt er in den Augen der Zeitgenossen ein Qualitätsurteil. „Modern“ gilt als etwas Besseres. Der letzte Schrei kommt uns bedeutsamer vor als der vorletzte. Das Neue wird kraft seiner Neuheit von vornherein für allem Bisherigen überlegen angesehen. Vielen ist dabei natürlich klar, daß sie
Ich weiß nicht, Bruder, ob du Cincata kennst. Das ist ein winziger Ort an der Ostküste Mexikos, sechs Meilen vom Meer entfernt, aber Cincata hat einen Hafen, und die Steamer der South Atlantic Company kommen einmal im Monat den breiten Fluß heraufgedampft und machen am Kai fest, am Kai von Oncata, Bruder. Es ist ein ganz gewöhnlicher Kai, auch die Schiffe der South Atlantic sind gewöhnliche Schiffe, aber ein Schiff am Kai von Cincata, Bruder, das ist wie eine Verheißung.Ich weiß nicht, ob du das verstehst. Vielleicht muß man ein paar Jahre in Cincata gelebt haben, um das zu verstehen.
Es war an dem Sonntag, an dem ich nach Amerika auswandern wollte. Ich mußte unbedingt an einem Sonntag auswandern, weil mem Vater und meine Mutter immer nur sonntags ins Kino gingen. Bei Karl war das anders, der konnte an jedem beliebigen Tag in der Woche auswandern, den sein Vater war tot, und seine Mutter mußte tagsüber bei fremden Leuten Wäsche waschen und abends unsere Schule aufräumen. AmSonnlag half sie Herrn Grabowsky in der Bierstube: .Ja, der Karl hatte es gut.Wir waren für halb neun verabredet. Im April ist es da schon dunkel, und (Kinkel mußte es sein, denn was ein richtiger