Bundesregierung und Bauern sitzen einander wieder am Verhandlungstisch gegenüber. Und weil sich die Agrarier abgewöhnt haben, ihre Probleme mit dem Landwirtschaftsminister zu erörtern, finden diese jetzigen Gespräche wieder im Bundeskanzleramt und unter dem Vorsitz des Regierungschefs satt. Manche Beobachter haben darin — entgegen der offiziellen Lesart — eine De-facto-Übernahme der Kompetenzen des Agrarressorts durch Bundeskanzler Kreisky gesehen, wegen der eher farblosen Politik von Landwirtschaftsminister Weihs.
Knapp vor der parlamentarischen Sommerpause hat Bundeskanzler Dr. Kreisky die ÖVP eingeladen, über verschiedene, ihm besonders wichtig erscheinende Gesetzesmaterien zu verhandeln. In der Vorwoche gab es insgesamt vier Gesprächsrunden, herausgekommen ist aber bisher, von einem Kompromiß bei der Finanzierung des Absatzes von Agrarprodukten abgesehen, nichts.
Es begann in Schärding in Oberösterreich, wo sich Bundeskanzler Dr. Kreisky mit sozialistischer Prominenz aus Österreich und Bayern umgab, um mittels einer Regionalkonlerenz Wahlwerbung für die Landtagswahl zu betreiben. Und an diesem Sonntag vormittag im Frühling sah sich der Regierungschef plötzlich von einer aufgebrachten Menge schreiender Bauern umringt.Der Groll, dem die ÖVP-Bauern in Schärding Luft machten, war einige Zeit aufgestaut. Landwirtschaftsminister Weihs ist seit langem Zielscheibe der Kritik, vor allem, was den sogenannten Milchkrisengroschen betrifft. Es ist dies eine
Die Wahlgänge des letzten halben Jahres haben es gezeigt: die kleine Freiheitliche Partei ist fast bereits zum wichtigsten Faktor in Osterreich geworden, der die Konzeptionen und Uber-legungen der beiden Großparteien SPÖ und ÖVP bestimmt.
Im vergangenen Jahr hat sich zumindest etwas in der sozialistischen Partei- und vor allem Regierungspolitik fast bis zur Perfektion eingespielt: die Rollenverteilung. Als Protagonisten kristallisierten sich immer mehr heraus: neben Bundeskanzler Dr. Kreisky Finanzminister Dr. Androsch und der allgewaltige Gewerkschafts- und Parlamentspräsident Benya. Es sieht aus, als ob dieses „Team“ auch heuer die Hauptlinien der politischen Arbeit in der SPÖ bestimmen würde. Und einige Klarheit wird man schon bei der Klausurtagung in Dürnstein erhalten.