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Wie lange und wozu?

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Knapp vor der parlamentarischen Sommerpause hat Bundeskanzler Dr. Kreisky die ÖVP eingeladen, über verschiedene, ihm besonders wichtig erscheinende Gesetzesmaterien zu verhandeln. In der Vorwoche gab es insgesamt vier Gesprächsrunden, herausgekommen ist aber bisher, von einem Kompromiß bei der Finanzierung des Absatzes von Agrarprodukten abgesehen, nichts.

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Knapp vor der parlamentarischen Sommerpause hat Bundeskanzler Dr. Kreisky die ÖVP eingeladen, über verschiedene, ihm besonders wichtig erscheinende Gesetzesmaterien zu verhandeln. In der Vorwoche gab es insgesamt vier Gesprächsrunden, herausgekommen ist aber bisher, von einem Kompromiß bei der Finanzierung des Absatzes von Agrarprodukten abgesehen, nichts.

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Hat man erwarten können, daß die Parteiengespräche über immerhin so komplexe Materien wie Preisbestimmungsgesetz, Volksanwaltschaft, Datenschutz oder Novellierung des Rundfunkgesetzes, rasch zu gemeinsamen Auffassungen führen können, oder waren nicht diejenigen besser beraten, die dem Bundeskanzler von vornherein unterstellten, er wolle gewisse kontroversielle Themen vor den Wahlgängen in Wien und Oberösterreich eben durch solche Gespräche mit der ÖVP aus der Polemik herausnehmen?

Betrachtet man den parlamentarischen Fahrplan bis zur Sommerpause, die ja bereits nächste Woche beginnt, so bleiben in dieser Frühjahrssession nur wenige Möglichkeiten, Gesetze zu beschließen. Denkt man daran, daß die parlamentarische Herbstsession — so sieht es die Bundesverfassung vor — am 15. Oktober beginnen kann, so bleibt ebenfalls vor dem 21. Oktober, dem Wahltag in Wien und Oberösterreich, keine Zeit für Plenarsitzungen. Es gibt nämlich noch dazu eine stille Vereinbarung zwischen den Fraktionen, daß daß während eines Wahlkampfes, zumindest während dessen letzter Phase, keine Plenarsitzungen abgehalten werden. So wird also die Herbstsessdon erst nach den beiden Wahlgängen wirklich beginnen und dann beginnt sie auf jeden Fall mit der Budgetrede des Finanzmdnisters, vermutlich am 23. Oktober.

Alles andere kommt nachher. Überlegt man aber, daß während der Herbstsession einmal rund drei Wochen lang der Finanzausschuß das Budget für 1974 durchgehet, bis eine Budgetdebatte im Plenum stattfindet, wird das Gedränge — wie jedes Jahr — vor Weihnachten wieder abenteuerlich. Damit ist klargestellt: vor dem 21. Oktober geht vor allem eines nicht über die parlamentarische Bühne: die Novellierung des Rundfunkgesetzes. Selbst wenn der Bundeskanzler seinen Zeitplan einhält, den Gesetzentwurf noch Ende Juli vom Ministerrat verabschieden zu lassen, so wäre ja das Parlament auf jeden Fall in der Sommerpause, die Vorlage bleibt also im Einlauf des Nationalrats liegen. Der Bundeskanzler will noch mit der ÖVP über diese Novelle reden und hat seine konkreten Pläne noch nicht einmal schriftlich zusammengefaßt. So hat also der Gesprächspartner, ÖVP-

Obmann Dr. Schlekizer, noch gar keine Unterlagen zur Hand. Vor dem Studium dieser Unterlagen kann aber wieder kein Gesprächstermin festgelegt werden. Und wenn erst einmal verhandelt wird, dürften — so scheint es wenigstens derzeit — die Standpunkte gerade in der Frage ORF so meilenweit voneinander entfernt sein, daß ein Ende dieser Parteiengespräche gar nicht abzusehen ist, es sei denn, einem der Verhandlungspartner reißt die Geduld.

Ähnlich sieht es mit der Volksanwaltschaft aus. Der Bundeskanzler hat wieder eine neue Version aus der Tasche gezogen, die bisher in keinem Entwurf aufgeschienen ist. Sozusagen ein Oberombudsman mit zwei Stellvertretern. Auch diese neue Version muß von den ÖVP-Juristen genau danach geprüft werden, ob das eine Konstruktion ist, die als Kompromißlösung anerkannt werden kann. Darüber hinaus ist noch keineswegs festgelegt, ob es nur eine derartige Institution für Bundesund Landesverwaltung geben soll, oder ob die Länder eigene solche Stellen haben sollen.

Die komplizierteste Frage aber dürfte — rein von der rechtlichen Einordnung und von der legistischen Formulierung her gesehen — der Datenschutz sein. Zunächst Ist ja noch nicht einmall unumstritten, ob es überhaupt eine sogenannte zentrale Datenbank geben soll. Und wenn es diese dann geben soll, was in ihr überhaupt enthalten ist. Und wenn schließlich das auch noch geklärt werden kann, wie man diese Daten vor unbefugtem Zugriff schützt. Auch der Begriff „ungefug-ter Zugriff“ ist noch zu definieren.

Fragen über Fragen, alle ungeklärt. Und diese Parteienverhandlungen wurden ja gerade deshalb eingeleitet, weil Dr. Kreisky sagte, er wolle in wichtigen und schwierigen Fragen einen Konsens mit der großen Oppositionspartei herbeiführen. Ein Teil mag sicher ehrliches Bemühen sein, zu kooperieren, aber wer würde in der Politik die Möglichkeit auslassen, dem anderen die Schuld für eine Nichteinigung in die Schuhe zu schieben?

Sicher ist nur: der Hochsommer und damit die Urlaube der Spitzenpolitiker, die jetzt am Verhandlungstisch sitzen, kommen bestimmt,

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