Seit wir wußten, daß die Tage, die Helene Thimig noch geschenkt waren, gezählt sind, daß sie, die das Leben sosehr bejahte und liebte, an seinem Ende angelangt war, konnten wir nur beten, daß sie bald von den Qualen erlöst werden möge, die sie in den letzten Wochen erdulden mußte. Aber gleichzeitig hörten wir nie auf zu hoffen, daß das Wunder ihrer großartigen Vitalität den nahenden Tod doch noch besiegen könnte, daß wir Helene Thimig noch für eine Weile bei uns behalten dürften. — Seit dem 7. November 1974 wissen wir, daß unser Hoffen vergeblich war. Der Verlust, den wir
Es war zu erwarten, daß die phantastische Existenz des vor fünf Jahren verstorbenen Egon Hilbert eines Tages einen Autor zu einem Buch inspirieren würde. Die Tragikomödie seines Lebens und Sterbens hätte den Stoff liefern können für einen österreichisch-wienerischen „Don Quijote", dessen Dulcinea — wenn man das so formulieren darf .— die Wiener Oper war. Aber um einen so merkwürdigen realistischen Phantasten, wie es Hilbert war, begreifbar zu gestalten, hätte es eines Dichters bedurft, der .ihn von sich aus noch einmal erfindet und mit ihm sein bitteres Leben zum
In der Nacht vom 3. auf den 4. November 1914 starb im Garnisonsspital von Krakau, zerrüttet und zerstört vom Leben, der siebenundzwanzig jährige Dichter Georg Trakl. Unsterblich aber sind seine Gedichte, von denen Rilke sagte: „Eine neue Dimension des geistigen Raumes scheint mit ihnen ausgemessen und das gefühlsstoffliche Vorurteil widerlegt, als ob in der Richtung der Klage nur Klage sei: — auch dort ist wieder Welt.“Inmitten spielerischer Lebensfreude sang der Einsame, Stille seine Lieder vom kommenden Untergang und Verfall, erlauschte er das Grollen in der Tiefe und formte es zu