Tiberias, den 4. Oktober 2006 Sehr geehrter Herr Chefredakteur, staunend bestätige ich den Erhalt Ihres Schreibens vom 18. Juli dieses Jahres. Die Schuld für meine verspätete Antwort liegt nicht bei mir, sondern an den zahllosen Zensurstellen, die jedes Poststück, seit Israel von Amerikanern, Russen, Ägyptern und Palästinensern gemeinsam kontrolliert wird, zu passieren hat. So habe ich Ihren Brief erst vor drei Tagen erhalten, und die vorwurfsvollen Fragen, die Sie mir darin stellen, haben die Zensurbeamten offenbar in Verwirrung versetzt. Jedenfalls bin ich seit Eintreffen Ihres
Die Möwen, die früher immer an der Salzach waren, sind ausgeblieben. Verlassen sind die grauen Klippen an den Ufern. Faltig und grün fließt das Wasser an den Pfeilern der Staatsbrücke vorbei nach Norden.Dafür gibt es Wildenten in Salzburg. Die bleiben aber nicht. Wenn die Sonne untergegangen ist, fliegen sie aus dem roten Himmel über dem Mönchsberg, formieren sich zu dunklen Schwingen und rauschen hastig schlagend über die Dächer von Mirabell, vorbei am Turm von St. Peter, das schwerfällige Schiff des Domes entlang, steil hinauf zur Festung, auf die noch die Sonne scheint, und
Alter Hoffmann: (Sitzt in einem Zahnarztsessel. Er trägt die Uniform eines Obersten aus der k.u.k. Armee. Der Uniformrock ist sehr weit und etwas unordentlich verschlossen. Unter dem Uniformrock blinken Metallplatten hervor. Auf dem Kopf trägt er einen Helm mit einem Federbusch. Zum Helm, unter die Ärmel und unter die Hosenbeine führen Kabel, Schläuche und Drähte, die mit den Apparaten neben der Kabine verbunden sind. Er hat die Arme hochgehoben, als hätte er ein Gewehr in der Hand und würde auf jemanden zielen. An der Brust pendelt ein Monokel an einer dünnen Goldkette. Er läßt die
Was äst ein Schaf, das im Kuhstali auf die Welt kommt? Ein Schaf oder eine Kiufh?Oder: Ist der zufällig in Grönland geborene Neger ein Eskimo?Absurdes Zeug. Wer fragt schon so etwas?Gar nicht so wenige. Nicht nur alle in Kuhställen geborene Schafe. Nicht nur ale in Grönland geborene Neger. Das fragen alle, die irgendwo, wo sie nicht hingehören, geboren worden sind.Alle, die eine Sprache sprechen, von der sie wissen, sie ist nicht die ihre, aber ihre nicht kennen. Alle, die eine Heimat lieben, von der sie wissen, sie ist nicht die ihre, aber die ihre nicht kennen. Alle, die „zu Hause“
Es war in Slowenien. Auf der Strecke zwischen Rohitsch-Sauer-brunn und Windisch-Feistritz. Oder Rogaska-Slatina und Slovenska Bistrica, wie die beiden Orte jetzt heißen. Auf jener kurvenreichen, vor allem von leber- und galienkranken Österreichern befahrenen schlechten, alten Straße, die durch mehrere meist endlos geschlossen bleibende Bahnschranken unterbrochen wird. Ich fahre diese Strecke sehr oft und kenne sie wirklich gut. Das sanfte Auf und Ab der Hügel, alle durch den Eigensinn der angrenzenden Bauern verursachten tückischen Windungen der Straße, die Bauernhäuser mit den vielen