Österreich 2 - © Collage: Rainer Messerklinger

Was ist österreichisch?

19451960198020002020

Sissi, Schnitzel, Schi: Der Grazer Philosoph Peter Strasser begibt sich, frei nach Theodor W. Adornos Vortrag „Was ist deutsch?“, auf heimatliche Spurensuche.

19451960198020002020

Sissi, Schnitzel, Schi: Der Grazer Philosoph Peter Strasser begibt sich, frei nach Theodor W. Adornos Vortrag „Was ist deutsch?“, auf heimatliche Spurensuche.

Werbung
Werbung
Werbung

Erst neulich bejubelten wir in der Wiener Staatsoper die wegen ihrer früheren Nähe zum Kriegsherrn Putin andernorts gemiedene Primadonna assoluta, die russischstämmige Österreicherin Anna Netrebko. Dialektisch geschulte Geister behaupten, Österreichs Identität sei gerade seine Nichtidentität. Beispielsweise haben wir, dank kolonialer Raubkunst, ein Weltmuseum, während die Restitution unsere Nazi-Raubkunst – achtundsiebzig Jahre nach Kriegsende – immer noch zügig voranschreitet.

Ein wenig dialektisch geneigter Geist wie unser Weltliterat Thomas Bernhard hielt nichts vom Identischen im Nichtidentischen: Wir seien ein Volk geistesgestörter Nazis. Punkt. Manfred Deix, der Radikalkarikaturist – auch er schon von uns gegangen –, offenbarte dann, wie das ausschaut, wenn man als geistesgestörter Nazi seine Gaudi am Würstelstand hat, wo Dosenbier, Burenhäutl und das Böse nicht nur die Seele aufquellen lassen.

Doch Achtung, unsere Selbstreinigungsexerzitien haben uns ein unüberbietbares Renommee eingetragen. Elfriede Jelinek, die Geißlerin der österreichischen Schand- und Schund-Seele, erhielt den Literaturnobelpreis. Und sogar die jüngsten Grazer Gemeinderatswahlen haben weltweite Resonanz gefunden. Denn die KPÖ ist in der Wählergunst hochgeschossen, unsere Kommunistinnen, welche die längste Zeit Loblieder auf Tito und die DDR sangen (zugegeben, alles Schnee von gestern), sorgen nun dafür, dass jede Gemeindewohnung ein Bad und jede Grazerin etwas Nahrhaftes zwischen den Zähnen hat.

Medaillenregen wie Manna

Verbissen ums Überleben gekämpft – statt antichambriert und intrigiert – wird in unserem Sozialstaat nur im Sport. Wir haben Millionen Sportfanatikerinnen, mehr Fanatikerinnen als Österreicherinnen, darunter Wortakrobaten wie Franzobel, der schrieb: „Mein sechsjähriger Sohn nämlich, hier ist die Erziehung missglückt, drückt der Austria die Däumchen, was für mich, der Rapid beim Passus Konfession in den Dokumenten stehen hat, ein Grund ist, ihn aller Rechtsnachfolgeansprüche zu entheben.“

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung