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Grazer "Don Carlo" lässt viele Wünsche offen.

Als Auftakt zu ihrer zweiten Saison am Grazer Opernhaus hat Intendantin Karen Stone mit "Don Carlo" eines von Verdis stärksten und originellsten Werken auf den Spielplan gesetzt. Wie die lautstarken Bravo- und Buhrufe verdeutlichten, konnte die Premiere die Erwartungen des Publikums allerdings nur teilweise erfüllen. Dominiert bei Schiller die historisch-politische Dimension, fokussiert Verdis Version des Dramas die menschlichen Leidenschaften. Die Grazer Inszenierung scheint sich mehr an Schiller zu orientieren - aufgrund der plakativen Vorgangsweise allerdings mit mäßigem Erfolg. Auf einer beinahe zur Gänze in Grau gehaltenen Bühne (Hartmut Schörghofer) setzt man die Figuren ins gleißende Licht eines modernen Polizeistaates (Kostüme: Ragna Heiny). Statt dem subtilen Zwielicht der Partitur szenisch gerecht zu werden, agiert Regisseur G. H. Seebach unverständlich unsensibel. Sein allzu angestrengtes Bemühen um Aktualisierung gipfelt in der berühmten Autodafé-Szene: großflächig ein Film projiziert, der Bilder von historischen wie aktuellen Kriegsszenen auf unterschiedlichsten Schauplätzen in die Oper holt. Zwangsläufig führt die Länge zu Wiederholung: Das gesamte Unterfangen wirkt seltsam bemüht.

Auch das Grazer Philharmonische Orchester - am Pult Publikumsliebling Philippe Jordan - zeigte sich den Anforderungen des der Tradition der Grand Opéra verpflichteten Werkes nur partiell gewachsen. Selbst die mit Liebe zum Detail ausgearbeiteten, durchwegs gelungenen Soli vermochten die über weite Strecken fehlende dynamische Balance nicht auszugleichen. Immer wieder gingen die Gesangsstimmen im Gesamtklang unter.

Störend uneinheitlich auch die Sängerbesetzung: Stimmgewaltig dominierte Andrea Sivestrelli (Philipp), nur mit Mühe vermochten sich Jorge Perdigon (Don Carlo) und James Westman (Rodrigo) daneben zu behaupten. Malgorzata Walewska gab eine temperamentvolle Eboli, Konstantin Sfiris einen durchsetzungskräftigen Großinquisitor. Glanzpunkt des Abends war Tamar Iveri, deren Elisabeth nicht nur durch mühelose, klangschöne Bewältigung der Partie glänzte. Ihrem Einfühlungsvermögen sind die wenigen atemberaubenden Momente dieser Aufführung zu verdanken.

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