Amüsantes Love-affair-Drama

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Das Kasino am Schwarzenbergplatz in Wien zeigt Alexandra Liedtkes Inszenierung von LaButes #lieber schön#. Carina Riedl präsentiert im Vestibül ihre gleichnamige Bearbeitung von Werner Herzogs Film #Stroszek#.

Ebenso glatt und perfekt wie der Titel ist Alexandra Liedtkes Inszenierung von Neil LaButes #lieber schön#. Der dritte Teil der Trilogie, die sich mit den Werten Schönheit und Perfektion (#Das Maß der Dinge# und #Fettes Schwein#) beschäftigt, ist ein unterhaltsames Love-affair-Drama ganz im Stile des amerikanischen Mainstream-Kinos.

Die Live-Musik von Bernhard Moshammer und Karsten Riedel, die vor allem mit Ohrwürmern das Publikum #in the mood# bringt, flankiert unauffällig die Bühne des Kasinos am Schwarzenbergplatz, die, ganz in Weiß gehalten, als Projektionsfläche für die Szenenwechsel dient und mit wenigen Versatzstücken die Atmosphäre der amerikanischen Hotdog- und Wegwerf-Gesellschaft einfängt.

Hotdog-Atmosphäre

Das Stück beginnt mitten im Beziehungsstreit # und es wird sogleich klar, wo das Problem liegt: Greg (Lucas Gregorowicz) soll sich nicht gerade charmant über die Attraktivität seiner Freundin Steph (Christiane von Poelnitz) geäußert haben. Die Freundinnen-Buschtrommel hat Gregs unglückliche Aussage sogar noch vor ihm selbst im gemeinsamen Haushalt eintreffen lassen, und Steph zwingt ihn nun, Stellung zu beziehen. Körperlich krümmt sich Poelnitz wie eine Krake, sie verbiegt und streckt sich, bis sie auf wackeligen Beinen davonstakst.

Das scheinbar perfekte Gegenpaar sind Carly (Dorothee Hartinger) und Kent (Oliver Masucci): eine Bilderbuchbeziehung mit Vorzeige-Sexualleben, Baseball-Ambitionen und mustergültiger Arbeitsamkeit. Sie konfrontieren den intellektuell verdächtigen, Poe, Hawthorne und Swift lesenden Greg mit dessen Eigentümlichkeit, die so gar nicht den typisch amerikanischen Zielen entspricht. Dass das Leben des Musterpaares schon bald immer fragwürdiger wird, entspricht der Logik einer funktionierenden Dramaturgie. Kent beginnt ein Verhältnis mit einer jungen Kollegin, die nicht nur das #perfekte# Gesicht, sondern auch noch unverbindlichen Sex anzubieten hat, während Carly an der zwangsläufigen Gewichtszunahme aufgrund ihrer Schwangerschaft leidet.

Ansonsten hat Liedtke in dem leichten, für breiten Geschmack brauchbaren Stück große Identifikationsflächen geschaffen, wie man an Reaktionen aus dem Publikum schließen konnte, das die von den Charakteren aufgeworfenen Fragestellungen teilweise gleich halblaut selbst beantwortete.

Im Vestibül zeigt die junge Regisseurin Carina Riedl ihre gleichnamige Bearbeitung von Werner Herzogs Film #Stroszek#. Der von Johannes Krisch anrührend gespielte Titelheld # sein Name klingt nicht zufällig so ähnlich wie Woyzeck # ist ein versponnener, lebensuntauglicher Mensch, eine # wie es von Kaspar Hauser, dem anderen Verwandten, heißt # vom Himmel gefallene Figur. Weil es ihm nicht gelingt, seine poetische Lebenssicht mit den Erfordernissen eines gutbürgerlichen Lebens in Einklang zu bringen, führt ihn sein Weg immer wieder ins Gefängnis und schließlich doch in die Freiheit, in der es ihm so schwer fällt sich einzurichten.

Poetische Rebellion

#Es läuft eben wie im Kreise#, sagt er. Er begegnet dem kauzigen #Erfinder# des sogenannten #animalischen Magnetismus# Scheidt (Peter Mati´c) sowie der Kellnerin und Gelegenheitsprostituierten Eva (Petra Morzé), mit denen er alsbald nach Wisconsin emigriert, ohne je aus seiner inneren Isolation herauszufinden. Riedl erzählt die vielen komischen Anekdoten und Begebenheiten als kleine poetische Rebellion gegen das Sosein der Welt.

Ihre Fähigkeit, das Erleben, die Weltwahrnehmung aus der Perspektive dieses Einsamen, Fremden unter den Menschen in Handlungen und Bilder zu übertragen, paart sich mit der Lust am Ausprobieren verschiedenster Stil- und Bühnenmittel, die auf wunderbare Weise durch die Kompositionen des jungen Arthur Fussy ergänzt werden.

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