Anderen helfen, ohne lange zu fragen

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Karachi, die größte Stadt Pakistans, im Jahr 1960: Leprakranke werden nicht behandelt, obwohl die Krankheit seit 1947 heilbar ist. Sie leben verkrüppelt und entstellt als Bettler auf der Straße und in einem Ghetto. Oft führt die Polizei die Aussätzigen in die Wüste - von der sie sich zurück in die Millionenstadt schleppen.

Als im selben Jahr die damals 31-jährige deutsche Ordensschwester und Ärztin Ruth Pfau in einem Elendsviertel von Karachi das Leid und die Resignation der Leprakranken erlebt, entscheidet sie sich zu helfen. Dabei kommt sie sich reichlich verrückt vor, gesteht sie im Buch "Leben heißt anfangen.“ Aber Gott verlange nichts, das unmöglich sei. Sie beginnt in einer Bretterbude die Kranken zu betreuen und setzt sich für ein Spital ein. 1963 eröffnet das Marie Adelaide Leoprosy Centre. 1997 wird sie für den Friedensnobelpreis nominiert.

Hingehen und wahrnehmen, was ist

"Weitermachen ist unsinnig, Aufhören ist noch unsinniger, also machen wir weiter“, schreibt Pfau. Aufgeben gefiele ihr nicht. Auch wenn die Katholikin zugibt, angesichts des Leids in Afghanistan fast verrückt geworden zu sein. Kurz und prägnant erzählt sie aus ihrer Praxis und setzt sich mit Tod und Hoffnung, aber auch mit dem Verhältnis von Glauben und Leiden auseinander. Leid an sich sei sinnlos und Grund für Protest und Auflehnung. Man dürfe es nicht verdrängen, sondern müsse es wahrnehmen. Es helfe auch nicht, nach dem "Warum“ zu fragen. Der Leidende erwarte keine Antwort, sondern Gemeinschaft und Mitgefühl, so die Autorin. Sie rät, aktiv zu sein. "Man sollte nicht warten, bis jemand kommt, sondern hingehen und wahrnehmen, was ist.“ Dabei können auch kleine Gesten helfen, erzählt die Ordensschwester: wenn etwa Veronika Jesus auf dem Kreuzweg das Schweißtuch reicht. Manchmal helfe es schon, anwesend zu sein.

Das berührende Buch macht dem Einzelnen Mut, etwas zu bewegen: "In ein Menschenleben passt vielleicht nicht mehr hinein als ein Tropfen. Aber wenn jeder seinen Tropfen dazugibt, kann sich viel ändern.“

Leben heißt anfangen.

Worte, die das Herz berühren. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2010, 158 S., geb., E 7,00

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