Bescheidenheit macht zufrieden

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Operettenhafte Raimund-Premiere in Gutenstein

Die Orchestermusik kommt vom Band. Die Dame, die den Einsatz gibt und zeitweise live das Ihre am Klavier beisteuert, ist wie jene Damen und Herren gekleidet, die in der Umgebung der Wiener Staatsoper den Touristen Konzert- und Musiktheaterkarten anbieten. Die heurige Produktion der Raimundspiele Gutenstein schwelgt auch dermaßen im Musikalischen, dass sie eher der Operette als dem Sprechtheater zuzuordnen ist.

Mit dem sicheren Gespür für unterhaltsames Sommertheater - das bekanntlich mit eigenen Maßstäben zu messen ist - hat Intendant Ernst Wolfram Marboe "Das Mädchen aus der Feenwelt", besser bekannt als "Der Bauer als Millionär" inszeniert, sehr konventionell, was Bühnenbild (Herwig Libowitzky) und Kostüme (Uschi Heinzl & Zizi Lehner) noch unterstreichen. Marboe setzt Ferdinand Raimunds Botschaft - Besitzstreben ist mit Hass und Neid verbunden, Bescheidenheit führt zur Zufriedenheit - in ihrer ganzen sympathischen Naivität um. Gekonnt werden Filmeinblendungen eingebaut, weniger Freude bereitet bisweilen der - im riesigen Festzelt nötige - Einsatz von Mikro- fonen und Lautsprechern.

Das Ensemble besteht aus sehr soliden Theaterhandwerkern, die teilweise über sich hinauswachsen: Luzia Nistler (als heiter-lebhafte Zufriedenheit), Erika Mottl (als verzweifelte Lakrimosa), Ernst Grissemann (gewohnt sprachgewandt als Hohes Alter und Zauberer Bustorius), Gottfried Schwarz (als geschwätziges, manchmal nicht ganz textsicher wirkendes Ajaxerle), Gottfried Riedl (als naiv-pfiffiger Lorenz), Irene Halenka (ein relativ temperamentvolles Lottchen), Jakob Seeböck (als draufgängerischer Karl Schilf), August Breininger (als stimmgewaltiger Musensohn und bösartiger Neid) und Andreas Steppan (als um Schroffheit ringender Hass). Christian Futterknecht (Fortunatus Wurzel) beeindruckt besonders ab der - ein Meisterstück Raimunds darstellenden - Szene, in der die Jugend (sehr überzeugend: Rita Nikodim) von ihm Abschied nimmt. Im Aschenlied widmet er Karl Heinz Grasser und der Pensionsreform süffisante Zusatzstrophen.

Am Ende wird der Wunsch ausgesprochen, die Zufriedenheit möge das Publikum heimbegleiten. Nur wer so unbescheiden war, einen neuen Raimund-Zugang zu erwarten - aber wer tut das in Gutenstein? -, dürfte den Spielort ganz unzufrieden verlassen haben.

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