"Deine Bravouren mich nix beruhren"

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Am Tiroler Landestheater wird Carlo Goldonis "Der Impresario von Smyrna" in H. C. Artmanns Übersetzung gespielt.

Lustvoll wie alles, was H. C. Artmann mit Sprache anstellte, sind seine Übersetzungen ins Deutsche, besonders die fünf Goldoni-Stücke: Unmöglich, eine andere Übersetzung zu wählen. Das Tiroler Landestheater hat nun Goldoni/Artmanns Der Impresario von Smyrna angesetzt und die Regie Alberto Fortuzzi übertragen, dem aus Neapel stammenden, bei Dario Fo geschulten Schauspieler und Regisseur, dessen Biografie im Fall dieser Inszenierung von Belang ist.

Denn Fortuzzi erliegt der Verlockung, die Unarten des Theaterbetriebes und die Marotten der Künstler, die Goldoni hier aufs Korn nahm, heillos zu überziehen. Im stimmungsreichen Bühnenbild von Johannes Schlack und Maria Frenzels heutigen, im Türkenbild märchennahen Kostümen will diese Inszenierung zu viel, vertraut - Ironie des Schicksals - zu wenig der theatralischen Kraft des Autors, setzt eins und noch eins drauf. Goldoni zog der Commedia dell'arte die Maske ab, Fortuzzi nimmt als Kenner des italienischen Theaters alte Traditionen auf.

Die Zeitspanne zieht er vom Opernbarock über die mediengeile Gegenwart bis in ein Futurum, das dem Handlungsort Venedig nicht den Untergang, sondern die Verwandlung in eine stählerne Hochhausstadt beschert. Für die Touristen stehen ein paar alte Fassaden. Einem von Thomas Lackner als Conte Lasca angeführten "normalen" Spielstil stehen die Hysterien der männlichen und weiblichen Primadonnen gegenüber, an der Commedia orientiert und von den Darstellern unterschiedlich bewältigt. Janine Wegener (Tognina) und Walter Ludwig (Pasqualino) sind präzise in der Überzeichnung, die anderen wirken verzagt. In der Türkenszene spielt Stephan Paryla-Raky den scharfen Ali. Er wurde für die getürkte Geschichte einer vermeintlichen Opernstagione in Smyrna verpflichtet, um die sich die halbverhungerte Sängerschar balgt. Das Ganze wird für eine TV-Realityshow gefilmt - live, hautnah, echt.

Das Tiroler Publikum, live, hautnah, echt mit der Wiederentdeckung der venezianischen Barockoper vertraut, hatte ein bisschen zu lachen und beendete die Angelegenheit kühl. "Deine Bravouren mich nix beruhren": Schade um viel Artmann.

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