Die Chance, ein Denkmal zu sein

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Der siebente Juni war ein Samstag. Es war der Tag vor Österreichs allererstem Spiel bei einer Europameisterschaft, dem Spiel gegen Kroatien. An diesem Samstag sagte Josef Hickersberger: "Endlich geht es los. Alle glauben an die Möglichkeit, dass wir gegen Kroatien überraschen können." Am 1. Jänner 2006 wurde Hickersberger zum zweiten Mal in seinem Leben österreichischer Teamchef. Damals sagte er: "Es gibt keinen schwierigeren Job, als eine Nationalmannschaft auf eine Europameisterschaft im eigenen Land vorzubereiten."

Aus dem Glauben an eine Überraschung wurde reale Gewissheit, Kroatien siegte 1:0. Aber der 60-jährige Hickersberger, gebürtiger Amstettener, bleibt bei den Fakten. Dafür ist er bekannt. "Der Bundespräsident ist 365 Tage im Jahr beliebt, für mich geht sich insgesamt wahrscheinlich nicht einmal eine Woche aus", sagte er einmal auf die Frage, ob man als Teamchef oder Präsident mehr Held ist. Manche nennen Hickersberger sogar Pragmatiker, wegen solchen Sätzen: "Ich kann mir die Latte hoch legen und sagen, alles andere als Europameister wäre eine Enttäuschung. Aber dann bin ich am nächsten Tag am Steinhof." Tatsächlich wirkt er pragmatisch, wenn er langsam in das Mikrofon redet. Hickersberger redet bedacht. Er gibt sich bedacht. Er handelt bedacht.

Zumindest nach außen. Manchmal lässt sich der Träumer in dem Mann, der als Spieler sechs Titel gewann, vermuten. Dann, wenn er eine Verbalwuchtel schiebt. Wenn man durch seine Augen schelmenhaftes Feuer blitzt. Das muss es geben, immerhin war er beim Märchen von Cordoba dabei, am Feld. An diesem Samstag, 7. Juni, blitzte es wieder: "Wir wollen erstmals seit 18 Jahren bei einem großen Turnier ein Spiel für Österreich gewinnen." Hickersberger weiß, was subtil ist. Er kann in Ruhe Emotion aufbauen. Um sie oft wieder in bedachter Wässrigkeit zu ertränken.

Aber diesmal ist es anders. Diese Euro, Österreichs erste, ist Hickersbergers Chance, zum Denkmal zu werden. Ein bisschen "HickeHacke"-Personenkult im Ö3-Stil macht noch keine Person der Ewigkeit, weiß Hickersberger. Denn er kannte die Großen. Senekowitsch. Happel. Stastny. In seiner ersten Ära führte Hickersberger Österreich zwar 1990 zur WM, die Färoer-Niederlage war aber für sein Denkmal ein rascher Baustopp. Danach holte er Titel um Titel im arabischen Raum, wurde von Scheichs als Held gefeiert. Dann führte er Rapid zum Meistertitel und in die Champions League. Seither ist er eine grünweiße Ikone.

Österreichische Helden wollen aber in rotweißrot geliebt werden. Auch Hickersberger. So oft hat er betont, in Saudi-Arabien immer gerne gesehen zu sein und viel mehr Geld zu verdienen. "In Quatar war mein Dienstwagen ein 7er-BMW mit Farbfernsehen. Finanziell gesehen war es ungünstig, zu Rapid zu wechseln." Und dann wieder das Feuer: "Aber von Rapid wird man nicht oft gefragt, Trainer zu werden." Noch seltener hat man die Chance, das österreichische Nationalteam in ein Euro-Viertelfinale zu führen.

Dafür bekommt man dann zwar nicht Geld wie arabischen Sand, aber zwei Plätze: einen in der Fußballgeschichte und einen im Herz der Menschen. "Nach einem Europameistertitel lasse ich mich von jedem küssen." Ganz einfach. Und pragmatisch.

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