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Condottieri, Condottiere...

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CondottterH Das war einmal, vor fünfzehn Jahren, ein vielbesuchter Film. Trotzige Renaissancegestalten machten darin ihren Namen Ehre. Schwarz die Augen, die Wämser, die Fahnen: so sprengten sie durch das fruchtbare Land der Romagna, nahmen Burgen im Sturm und erwiesen sich als Meister des Degens. Vom brausenden Jubel des Volkes getragen, stiegen sie an die Spitze der Macht. Gift und Dolch bedrohten sie, nur wenige starben im Bett... Das war der Film, und man munkelte damals, daß er eine verborgene Huldigung war: an den Erneuerer der Welt der Werte des Quatrocento und sein unter dem Rutenbündel stehendes Regime.

Bald sollte, der Film verblassen gegenüber der Wirklichkeit, gegenüber dem bewegten Leben und einsamen Untergang eben dieses Mannes: Benito Mussolini, der soeben seinen weder von den Leidenschaften des Jahres 1945 geblendeten noch von romantischer Schönfärberei einer gewissen italienischen Publizistik der Gegenwart beeinflußten Biographen gefunden hat .

Dieser andere „Film" um Benito Mussolini beginnt am 29. Juni 1883 in Dovia, Gemeinde Predoppio, Provinz Forli, Romagna — „da das Korn in voller Reife stand, um zwei Uhr nachmittag ..." Die etwas kränkliche Dorfschullehrerin und Frau des als gefährlichen Sozialisten verschrienen Schmiedes Alessandro Mussolini schenkt ihrem ersten Sohn das Leben. Der revolutionäre Feuergeist des Vaters sollte vor aller Welt sichtbar auf den Sohn übertragen werden. So gab dieser ihm in der Taufe den Namen des großen mexikanischen Republikaners und Führers der Rothemden im Kampf gegen Maximilian, Benito Juarez. Aber damit nicht genug. Das revolutionäre Erbe wurde durch die weiteren Namen Amil- care und Andrea, die an den legendären Anarchisten Cipriani und den Revolutionär Costa erinnern sollten, verstärkt. Und wirklich: die in der Wiege durch den Vater aufgegebene Mission kündigt sich schon sehr zeitlich an. Ängstlich beobachten die jüngeren Geschwister den Knaben Benito, wenn er plötzlich im Spielen innehält, wilde Worte ausstößt und mit großer Gebärde zu einem imaginären Publikum spricht. „Ein streitsüchtiges und gewalttätiges Bäuerlein“,

Benito Mussolini. Aufstieg, Größe, Niedergang. Von Richard Wichterich, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart.

notieren die Patres im Kolleg der Salesianer in Faenza. Und als 1901 nach dem Ableben Verdis Trauerfeiern in ganz Italien abgehalten werden, hat der junge Lehramtskandidat Benito Mussolini sein erstes Publikum. Das sozialistische Zen-

tralorgan Avanti bringt die Kurzmeldung: Forlimpopoli, 29. Januar. Gestern abend würdigte der Student Genosse Mussolini Giuseppe Verdi, indem er im Städtischen Theater eine mit Beifall aufgenommene Rede hielt."

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