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Kanadas „schwarzes Gold“

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Wieder hat Albertas Premier, Ernest Charles M a n n i n g, der seit 20 Jahren die Geschicke von „Kanadas Texas“ lenkt, einen sensationellen Wahlsieg erkämpft. „E. C.“ hat nicht weniger als 60 der 63 Mandate im Landtag der westlichsten Prärieprovinz •erobert.

16 Jahre sind vergangen, seitdem in Alberta riesige Erdölvorkommen entdeckt wurden. Da sich die Regierung bei den Verkäufen von Kronland stets die Erdölrechte vorbehielt, empfängt sie seit 1947 enorme Summen von den

Konzernen für das Recht der Ausbeutung von Albertas „schwarzem Gold“.

So groß sind die Einnahmen daraus, die in die Regierungskassen in Edmonton fließen, daß Premier Manning vor einiger Zeit beschloß, allen Albertans, die das 21. Lebensjahr erreicht hatten, Millionen von Dollars als „Staatsbürgerdividende“ auszuzahlen! Wer damals ein bei den Amtsstellen aufliegendes Formular ausfüllte, erhielt von der Regierung einen Scheck zugesandt, der — dem Jahr entsprechend — 15 bis 18 Dollar betrug.

Soziale Verwendung der Tantiemen

Seither ist Albertas Regierung allerdings dazu übergegangen, die Rieseneinnahmen aus den Öltantiemen den Einwohnern der Provinz auf konventionellere Weise zugute kommen zu lassen. Dem Straßenbau, dem Schulwesen und Spitälern werden enorme Beträge zugeführt, und die Gemeinden — von der Großstadt bis zum Dorf — erhalten Gelder, die ihnen die Konstruktion neuer Projekte (von Stadthallen bis zu Schwimmbädern) ermöglicht. Von den schmucken Altersheimen Albertas, die jeweils Raum für 50 Personen haben, sagt man, sie gleichten mehr Klubs.

Von den hochbezahlten, amerikanischen Ölexperten, die in Calgary leben, behauptet man, sie besäßen mehr Cadillacs als jede andere Bevölkerungsgruppe Nordamerikas — mit Ausnahme der Einwohner Hollywoods. Die amerikanische Kolonie zählt hier fast 3 5.000 Köpfe. Hunderte Ölkonzerne haben in Calgary ihr Hauptquartier. Doch „Kanadas Ölhauptstadt“ ist auch Schauplatz der Stampede, der berühmten Cowboyfestspiele, die jeden Sommer mehr als 500.000 Schaulustige anlocken. Von den Farmen Albertas kommen 47 Prozent von Kanadas bestem Beef, und Harry H a y s, der Bürgermeister von Calgary war, ehe er Landwirtschaftsminister in Ottawa wurde, ist ein bekannter Rancher und der wohl prominenteste Auktionator von Hornvieh.

„Nur“ ein guter Regierungschef

Auch den Erdgasvorkommen verdankt Albertas Regierung bedeutende Einnahmen. Ihre Auswertung wird immer wichtiger, doch schon Rudyard Kipling erklärte einst, während seines Aufenthaltes in Lethbridge, dies sei „Die Stadt mit der Hölle im Keller“.

Ernest Charles Manning, der nun — nach 20 Jahren als Premier — mit Rekordmehrheit wiedergewählt wurde, ist ein politisches Phänomen. Er gehört Social Credit — einer Splitterpartei — an, die in der Staatspolitik die Rolle des fünften Rades am Wagen spielt. (Bei den Wahlen zum Bundesparlament entsandte Alberta nur zwei Social-Credit-Abgeordete nach Ottawa.) Manning ist weder ein mitreißender Redner noch eine dynamische Persönlichkeit. Der 54jährige Premier — ein Abstinent, dessen Lieblingslektüre die Bibel ist — verdankt seine Wahltriumphe nur dem Umstand, daß er ein guter Regierungschef ist...

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