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Wie man Benesch dazu brachte, endgültig zu resignieren

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Die Memoiren des sowjetischen Geheimdienst-Generals Pawel Sudoplatow, kürzlich in englischer Übersetzung unter dem Titel „Special Tasks“ erschienen, sind eine aufregende Lektüre eines echten Insiders, stand doch Sudoplatow während langer Jahre an der Spitze der „Abteilung für besondere Aufgaben“. Aber selbst wer sich schon bei dem be- schönigend-prosaischen Titel so manches gedacht haben mag, kann kaum die vielseitige und dabei die meistens leider auch erfolgreiche „Ar beit“ der Sudoplatow-Abtei- lung erahnen, die die phantasiereichsten und grausigsten Unternehmen durchführte.

Der Name „Dr. Eduard Benesch“ wird zwar achtmal erwähnt, aber was die Beziehungen der Sonderabteilung betrifft, scheint die Tschechoslowakei nur unter „ferner liefen“ aufzuscheinen.

Was klar aus Sudoplatows Erinnerungen hervorgeht, ist die Erpressung Beneschs am Vorabend der Machtübergabe an Gottwald im Februar 1948, die unter dem Namen des „siegreichen Febers“ iii die kommunistischen Annalen einging. Daß es bereits um 1937 enge Beziehungen zwischen Benesch und dem sowjetischen Geheimdienst gab, war lange bekannt, da angeblich Heydrich dem tschechischen Geheimdienst gefälschte Dokumente über eine Verschwörung des Marschalls Tuchatschewski zuspielte, wohl wissend, daß sie aus Prag nach Moskau gelangen würden. Einer anderen Version zufolge soll es aber der sowjetische Geheimdienst gewesen sein, der Heydrich die gefälschten Unterlagen zuspielte. Der seit 1937 in Prag amtierende „Resident“ des „NKWD“, Pjotr Zubow, überreichte dem Präsidenten Be nesch im Oktober 1938 10.000 Dollar, damit dieser seine Flucht nach England bewerkstelligen konnte.

Nun, im Jänner 1948 schickte Molotow General Sudoplatow mit 400 Mitgliedern seines Amtes in Zivilkleidung nach Prag. Der gleiche Pjotr Zubow, der 1938 Benesch das „Reisegeld“ übergeben hatte, war mit von der Partie. In seiner Aktentasche brachte er die Quittung Beneschs auf die 1938 erhaltenen 10.000 Dollar mit. Zubow drohte Benesch ultimativ, diese Quittung zu veröffentlichen, falls sich Benesch weigern sollte, die Macht reibungslos an Gott wald zu übergeben. Benesch, dem es damals an intellektuellem Mut fehlte, hätte vielleicht in dieser Schicksalsstunde vor die Nation treten und eingestehen können: „Jawohl, unter dem Druck der damaligen Umstände habe ich das Geld angenommen, um damit den Kamp£ vom Ausland her weiterzuführen.“ Aber Benesch resignierte. Kaum einen Monat später war Gottwald bereits an der Macht.

Special Tasks -

The Memories of an Unwanted Witness - A Soviet Spymaster Pavel Sudoplatov Brown and Company London 1994

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