Heller Kopf mit Lust auf Schatten

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Die große Blonde meidet das Licht - sogar beim Joggen frühmorgens um sechs: Von einer dunklen Sonnenbrille abgeschirmt zieht Ursula Plassnik zu dieser Tageszeit ihre Kurven am Donaukanal - auch wenn sich am Wiener Himmel die Wolken ballen.

Ihr Faible für das Laufen, Arbeiten und Fädenziehen im Hintergrund muss sich die 48-jährige gebürtige Kärntnerin alsbald abtrainieren: Als Außenministerin wird sie es schwer haben, weiterhin im Schatten ihres Mentors Wolfgang Schüssel zu stehen - schon auf Grund ihres Gardemaßes von 1,90 Metern. Tatsächlich steht der bisherigen Botschafterin in Bern eine wahre Rosskur im Fach "Mediale Selbstentäußerung" ins Haus. 1997 als Kabinettchefin des damaligen Vizekanzlers Schüssel durch die "Amsterdamer Frühstücksaffäre" gehörig traumatisiert (Schüssel hatte den deutschen Bundesbankchef Hans Tietmeyer kolportierterweise "eine richtige Sau" genannt), muss sie nun über ihren eigenen großen Schatten springen: Der Schritt vor die Fernsehkameras bleibt ihr als Repräsentantin Österreichs in Europa und der Welt nicht erspart.

Bei Licht betrachtet werden wohl mehr Konturen der Neo-Ministerin ersichtlich. Bislang sind nur wenige Eckdaten über den "blonden Ayatollah" im Außenamt bekannt: Als Tochter eines sozialdemokratisch gesinnten Klagenfurter Lehrerehepaares aufgewachsen, schloss Ursula Plassnik bereits mit 21 Jahren ihr Jus-Studium ab. Nach Tätigkeiten bei der Österreichischen Botschaft in Bern, im Europarat und bei der Efta kam sie 1994 ins Außenministerium, wo Gregor Woschnagg - heute österreichischer EU-Botschafter - auf die brillante Analytikerin aufmerksam wurde. Schließlich machte sie Vizekanzler Schüssel zu seiner Kabinettchefin - und schätzte auch in den stürmischen Kanzlerjahren ihren Rat. Erst im Jänner dieses Jahres verabschiedete sich die - zweifach geschiedene - Diplomatin in die Schweiz.

Trotz ihrer mächtigen Rolle im Umfeld des Kanzlers tappen Österreichs Politikerinnen beim Namen Plassnik noch weitgehend im Dunkeln: "Ich hatte mit ihr nicht viel Kontakt", gesteht etwa die VP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek. "Aber ich kannte sie als sehr toughe Lady, die ganz anders ist als das liebliche, herzige Frauenbild mancher Männer. Damit werden sie Probleme haben." Auch SPÖ und Grüne halten sich mit Vorschusskritik zurück: "Sie wird zwar als absolute Schüssel-Frau gehandelt, aber ich erwarte mir eine Emanzipation", meint die ehemalige SP-Frauenministerin und nunmehrige Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, pflichtet ihr bei: "Die Durchsetzungsfähigkeit, die ihr zugeschrieben wird, kann sehr hilfreich sein." Schließlich müsse die neue Außenministerin nicht nur die Österreichische EU-Präsidentschaft im Jahr 2006 vorbereiten, sondern auch dafür sorgen, dass die versprochenen 0,33 Prozent des BIP für Entwicklungszusammenarbeit endlich erreicht werden.

Nur eine FPÖ-Politikerin, die nicht genannt werden will, bekommt beim Namen Plassnik Schüttelfrost: "Sie ist mir als eine sehr kalte Frau in Erinnerung", gibt sie zu Protokoll. "Zur politischen Arbeit gehört aber auch eine gewisse Menschlichkeit."

Das sonnige Lachen Benita Ferrero-Waldners im fernen Brüssel wird ihr vermutlich fehlen. DH

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