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Nestroys "Lumpazivagabundus" am Tiroler Landestheater.

Ebenso überzeitlich wie aktuell nähert sich Nestroys "Liederliches Kleeblatt" in moderat-biedermeierlicher, wienerisch ausgeprägter Manier mit feinmusikalisch unterlegtem Feeling (Musik: Adolf Müller, Edgar Seipenbusch mit Top-Musikanten) dem Publikum in Innsbruck. "Lumpazivagabundus" - eine Ikone des Possen-Theaters, deren leichter Bartanflug während des Premierenabends im Großen Haus nicht völlig zum Verschwinden gebracht werden kann.

Aber dennoch: Nestroy-Fans entzünden sich an der mit viel Elan und Gespür für ergreifende Menschheitsthemen, Sprachakrobatik und pfiffigen Textnuancen angelegten Regie von Michael Gampe, garniert mit teils griffig-witzigem, teils schaumgebremstem Gag- und Liedfeuerwerk (Doris Happl).

In der Heerschar der vielbeklatschten Darsteller liefert vor allem das trotz seiner Armut bitterfröhliche, sodann von Fortuna reichbeschenkte Dreigestirn Knieriem, Zwirn und Leim eine absolut starke Vorstellung ab. Der "astronomische" Schuster Oswald Fuchs ist ein hinreißender Schluckspecht mit rudimentärem Sozialverhalten aber redlichem Freundesherz, Walter Ludwigs Schneider ein herrlich lockerer Windhund mit großem Gefühlspotenzial. Gerhard Kasal als Tischler verfällt einer knospenden Versuchung namens Peppi (Claudia Maria Haas) und erreicht als Einziger des schillernden Triumvirats die vorgeschriebene traute Häuschenherrlichkeit. Seine Kumpane aber halten Fortuna samt göttlichem Füllhorn nicht aus und tauchen in der Nichtakzeptanz bürgerlicher Regeln in persönlicher Freiheit unter - ein Schlussgedanke, der zu Nestroys Zeiten der Zensur zum Opfer fallen musste, heute jedoch akuter (moderner?) denn je ist.

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