In der Falle der Selbstbeobachtung

Werbung
Werbung
Werbung

Während die Kommunikationswissenschaft in Deutschland schon vor Jahren feststellte, dass sich Medien immer mehr auf Medien beziehen, scheint dieser Trend nun in Österreich angekommen zu sein. Dass Recherche immer wieder mal durch Zitate oder durch Übernahme von Ergebnissen anderer Medien ersetzt wird, ist mittlerweile auch bei uns Usus und wird durch das Internet auch noch erleichtert.

Das ist aber nichts Neues und hat maximal im Umfang zugenommen.

Dass aber das politische Gespräch oder das Experteninterview zunehmend durch das Befragen von Kollegen und Kolleginnen ersetzt wird, ist in diesem Umfang neu. Besonders im Fernsehen – leider auch im ORF – wird zu allen möglichen und möglichen Gelegenheiten ein Kollege (oder seltener: eine Kollegin) vor die Kameras gebeten und darf wechselweise die Rolle der Experten, des Kritikers oder schlicht des Interviewpartners erfüllen.

Dies hat ohne Zweifel Vorteile: Fragen werden auch beantwortet, die Antworten sind (vor allem bei Live-Sendungen relevant) kurz und verständlich. Kurz: Man kann mit Gewissheit davon ausgehen, dass die Antworten weder in der Komplexität von Fachsprache versinken noch durch Politik-Speech überhaupt vermieden werden.

Bei allem Verständnis dafür, dass sich Journalisten und Journalistinnen immer weniger der Mühsal eines Gesprächsversuches mit politischen Funktionsträger unterziehen wollen (der Unterhaltungs- und Informationswert ist naturgemäß gering) noch sich den unkalkulierbaren Einlassungen von Experten aussetzen wollen, dieses Vorgehen hat auch Nachteile. Manche Probleme sind eben komplex und sollten in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit auch dargestellt werden. Politik hat sich in der Mediendemokratie verändert und das soll auch deutlich gemacht werden können.

Journalismus hat dies zu kritisieren, zu kommentieren, zu entlarven und den Kontext zu erklären. Aber nicht die Flucht zu sich selbst anzutreten.

* Der Autor ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Klagenfurt

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung