Kinder spielen Shakespeare

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Sylvia Rotters Wiener Kindertheater führt sieben Tage "Der Widerspenstigen Zähmung" auf.

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Sylvia Rotters Wiener Kindertheater führt sieben Tage "Der Widerspenstigen Zähmung" auf.

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Im Fürstenhof im Wiener Museumsquartier rattern die Baumaschinen, in der letzten noch unangetasteten Ecke im großen Hof wird trotzdem Theater gespielt. Sylvia Rotter probt mit ihrem jungen Ensemble aus mehr als hundert Kindern von vier bis zwanzig Jahren, aus allen sozialen Schichten und mit unterschiedlichsten Muttersprachen William Shakespeares "Der Widerspenstigen Zähmung".

Über das ganze Schuljahr haben die jungen Mimen bei Sylvia Rotter Theaterworkshops besucht, haben improvisiert, gespielt, ausprobiert, und auch Feste gefeiert. Nun wird es langsam ernst. Ab dem 24. Juni soll das Ergebnis dieser über das ganze Schuljahr laufenden Arbeit des Wiener Kindertheaters an sieben Tagen, jeweils in anderer Besetzung im Wiener Rabenhof vor Publikum gespielt werden. Alle sind natürlich ein bißchen aufgeregt, aber selbst routinierte Theaterleute wären erstaunt, wenn sie sehen könnten, wie locker, spielerisch und doch mit ganzem Herzen bei der Sache, ansonsten hektische Endproben im kleinen Raum im Fürstenhof ablaufen.

Am letzten Mittwoch, als ich Mäuschen spielen durfte, hatte Sylvia Rotter für die Probe einige Szenen, unter anderem mit allen "Katharinas", "Petruchios", "Biankas" angesetzt. Zwei junge Hunde tobten durch den Probenraum, Eltern und Freunde saßen drinnen, manche kamen später, andere mußten früher gehen. Während ein Teil der jungen Schauspieler im Zuschauerraum saß, spielte der andere auf der Bühne und danach war es umgekehrt. Dazwischen wurde leidenschaftlich diskutiert.

Da es für jede Rolle mehrere Darsteller gibt, ist es natürlich besonders faszinierend, welche Charakterfacette zum Beispiel ein Mädchen an ihrer "Widerspenstigen", ein Junge an seinem Rauhbein Petruchio noch entdeckt oder vorzeigen kann. Und wenn einmal der Text noch nicht so fest sitzt, dann muß eben die Phantasie weiterhelfen. "Fehler sind nichts Schlimmes, wenn der Sinn erhalten bleibt", stärkte Sylvia Rotter ein ums andere Mal das Selbstbewußtsein ihrer jungen Darsteller. Die Schauspielerin und Regisseurin, die ihre Ausbildung an der Royal Academy of Dramatic Arts absolvierte und unter anderem am National Theatre in London engagiert war, arbeitet seit 1993 mit Kindern. Zunächst waren es nur kleine Workshops, die sie neben ihrer Schauspielarbeit abhielt, dann kamen Kurse an Schulen dazu und bald auch große Projekte wie Shakespeares "Sommernachtstraum" oder Nestroys "Der Talisman".

Sie hat sich, wie sie gesteht, einen Traum erfüllt und wichtig ist ihr dabei weniger der Erfolg, als daß "die Kinder das Soziale lernen, daß sie miteinander in einer Gruppe kommunizieren und dabei viel Spaß haben."

Information: 01/42700/300 Internet: www.kindertheater.com

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