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Der letzte Alt-Osterreicher

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Die Joseph-Roth-Ausstellung im Jüdischen Museum ist unbedingt sehenswert.

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Die Joseph-Roth-Ausstellung im Jüdischen Museum ist unbedingt sehenswert.

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Es gibt eine Menge interessanter Aspekte im Leben des vor 100 Jahren in Brody geborenen österreichischen Schriftstellers Joseph Roth: Der aus der vernichteten Welt des Ostjudentums in Galizien stammende, assimilierte „Hiob“; der für etliche Zeitungen in Europa Reportagen schreibende Weltbürger; der politische Mensch, der vom „roten Joseph“ zum Apologeten der k.u.k. Monarchie wurde; der trotz guten Verdienstes sich ewig in Geldnot befindliche Schuldner; der Frauenheld, der seine bildschöne Frau Friederike schmählich im Stich ließ, als sie geistig erkrankte; der geniale Erzähler, der mit seinen Werken die alte Welt erstehen läßt; oder zuletzt, der vor Kummer über die Jahrhundertkatastrophe des Nationalsozialismus sich zu l ode Trinkende.

Diese und ein paar Aspekte mehr sind in einer großartigen Gedächtnisausstellung im „Jüdischen Museum der Stadt Wien“ kennenzulernen. Die chronologisch aufgebaute Schau zeigt zahlreiche Fotos, Briefe, Autographen und Zeitungsausschnitte aus dem Leben Joseph Roths. Vom kleinen Moses Joseph auf dem Schaukelpferd bis zum vom Alkohol gezeich neten Porträt in seinem Pariser Stammcafe sind zur Illustration zu den in Schaukästen ausgestellten Dokumenten hervorragend reproduzierte Fotos an dem Wänden montiert. Wer sich ein wenig darin vertieft, taucht in eine Welt ein, in der die Donau-Monarchie sich durch ihre multiethnische Kultur als Klein-Europa auszeichnete, und an deren Unwiederbringlichkeit Joseph Roth wie kein anderer litt. So schrieb er an seinen Freund und Gönner Stefan Zweig, der den deutschen Markt nicht verlieren wollte, daß dieser sich entweder vom Dritten Reich oder von ihm trennen müsse.

!7. OKTOBER 1994

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