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Edelsteine im Beton

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Seit mehr als zehn Jahren zieren die Glasfenster des Wahlösterreichers Albert B irkle die gotische Architektur der Grazer Stadtpfarrkirche. Sind diese älteren Arbeiten — zu denen in Steiermark auch die Fenster in KnitteJfeld gehören — noch in der traditionellen, aus dem Mittelalter stammenden Technik mit verbleiten Glasscheiben ausgeführt, 60 soll die neue Kirche in Graz-Wetzelsdorf bereits das neue Verfahren zeigen, dem Birkle sich seit einigen Jahren ergeben hat. Es ist dies die Schwerglastechnik, die sich gerade für moderne Kirchenbauten besonders gut eignet: an die Stelle der dünnen Scheiben treten mit dem Hammer behauene, dicke Brocken gefärbten Glases, die in einen dunklen Betongrund eingelassen werden. Das sieht nun tatsächlich wie ein Mosaik aus großen Edelsteinen aus, die sich glühend und leuchtend vom dunklen Grund abheben und dem dargestellten Gegenstand monumentale Wirkung verleihen.

In schöner Zusammenstellung und instruktiver Reihung führte eben eine Ausstellung im Grazer Künstlerhaus in das Schaffen Albert Birkles ein. Es handelt sich bei dieser Schau, die man der Leiterin des Grazer Kunstgewerbemuseums, Dr. Gertrud Smola, zu danken hat, um eine Erweiterung der bereits im Wiener Museum für angewandte Kunst im vorigen Jahr gezeigten Ausstellung. Da sind die Details des Wetzelsdorfer Schöpfungsfensters, von denen das Weltall- Kreisen Saturns oder die Tiere des Paradieses sich besonders einprägten —, dann Einzelwerke in Schwerglas wie etwa die Engel des Gerichts, die wie Sternstaub aus den Höhen stürzen, oder der adlerköpfige Johannes der Apokalypse im Angesicht der Eingebung des Geistes. Am stärksten ist Birkle vielleicht dort, wo er mit einem intensiven Akzent, mit einem Farbfanal wirken kann. Zahlreiche Entwürfe und einige Kartons bieten interessante Einblicke in den künstlerischen Arbeitsprozeß. Die Ausstellung zeigt ferner noch einige Dutzend Kohlezeichnungen, in denen Birkle sich unter dem Titel „De profundis” in der Art eines gezeichneten Tagebuches mit dem Phänomen unserer Zeit auseinandersetzt. Diese in Thematik und Form dem Expressionismus verhafteten Arbeiten runden das Gesamtbild des Meisters Birkle ab, dem es — wie er selbst sagt — darum geht, die Menschen zu Demut und Bescheidenheit zurückführen, die Suchenden den Hauch des Geistes spüren zu lassen und den Menschen der Menschheit zu erhalten (s. auch unser Titelbild „Auferstehung” von A. Birkle nach einem Glasfenster in der Friedhofskapelle von Aistaig in Württemberg).

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