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Weilers Wandbild in der Innsbrucker Bahnhofshalle

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In der vergangenen Woche ist die Hülle von der nördlichen Wandfläche in der Bahnhofshalle in Innsbruck gefallen. Das Wandbild Max Weilers, der erste Teil seines Auftrages, ist somit Gegenstand öffentlicher Diskussion geworden, einer manchmal heftigen Auseinandersetzung, indem die einen es von vornherein kopfschüttelnd ablehnen, die anderen zunächst in kühler Reserve verharren, während der Rest seine Zustimmung nicht versagt. Man könnte daran erinnern, daß auch die bombenzerstörten Fresken in der alten Bahnhofshalle von Rudolf Stolz-Bozen bei der Enthüllung 1928 zunächst sehr umstritten waren, später aber die großen Gestalten tirolischer Volkstypen als klassische Symbole Tirols empfunden wurden. In der neuen, luftigen Bahnhofshalle mit den riesigen Ost- und Westglaswänden war die Aufgabe für den Maler von vornherein eine andere. Die Halle bedurfte keiner tektonischen Unterstreichung durch einen Freskanten, sie sollte in ihrer schwebenden Leichtigkeit erhalten bleiben. Das geschah nach der Ansicht der Jury unter den Entwürfen der fünf von der Bundesbahn eingeladenen Tiroler Künstler (M. Weiler, M. Spielmann, F. Berger, F. Hochschwarzer und R. Wörle) anscheinend am besten durch die eingereichte Arbeit Max Weilers. Dementsprechend erhielt er von der Bundesbahn den Auftrag zur Ausführung.

Man wollte also keine monumentale, sondern eine dekorative Lösung an dieser Stelle. Als solche muß die Arbeit Max Weilers gewertet werden. Max Weilers in Keimschen Mineralfarben ausgeführtes Wandbild wirkt wie ein großes, unregelmäßig nach allen Seiten hin zerfließendes Aquarell auf der Wand, beschwert also in keiner Weise den Raumeindruck. Auf das Inhaltliche freilich — Anregungen aus der großen Vergangenheit Tirols — ist kein großer Wert gelegt; es sind wirklich nur Anregungen, mit denen der Maler sein freies Spiel treibt. Das mag hier an dieser Stelle, wo Tirol seine erste Visitenkarte darbietet, bedauert werden, aber schließlich wußten die auftraggebende Bundesbahn und die Jury davon.

Die Farbe des Ganzen ist nicht strahlend wie sonst immer bei Max Weiler, sondern in verstaubt wirkenden Zwischentönen gehalten, ähnlich wie auf den jahrhundertealten gotischen Profanfresken in Runkelstein. Max Weiler hat wirklich das künstlerische Format, den alten Zwiespalt zwischen Inhalt, Form und Farbe zu überbrücken und uns, ohne Schielen nach unbedingter Modernität, Werke der Reife, wahrhaft Werke der Kunst zu schenken.

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