6585614-1951_44_11.jpg
Digital In Arbeit

Tiroler Feuerwerk

Werbung
Werbung
Werbung

Die ersten zwei Kollektivausstellungen der neuen Saison: die des Tirolers Max Weiler in der Galerie Würthle, jener unermüdlichen Förderin zeitgenössischer Kunst, und die des Wieners Gerhart Swoboda im Konzerthaus sind beide, jede in ihrer Art, gut geraten; wir empfehlen, sie zu besuchen,

Max Weiler, seit der letzten Staatspreisverteilung kein Unbekannter und wenigstens seinem Alter nach kein Jüngling mehr, ist sicherlich der bemerkenswerteste Maler, den Tirol seit Egger-Lienz hervorgebracht hat.

Aber seine Kunst hat eigentlich — von den Motiven seiner Landschaften und einem gewissen Pathos abgesehen — wenig von dem an sich, was sonst die Tiroler Kunst seit eh und je charakterisiert: das Graphische tritt ziemlich zurück, denn selbst Weilers sehr schöne Zeichnungen enthalten bisweilen mehr malerische als graphische Elemente; Herbheit und Strenge äußern sich höchstens in seiner etwas bauhäuslerischen Manier, Zeichnungen als »Übung Nummer soundsoviel“ zu betiteln. Der Kunstkritiker, der leider zur Etikettierung seiner Opfer verpflichtet ist, nennt Weiler also kaum origineller-, wohl aber richtigerweise nicht einen »Gotiker0, sondern einen „Barocken“. Denn das ist Weiler vorderhand; er schöpft nur aus der Farbe, hoffend, daß sie aus sich selber heraus auch die Form gebäre — was uns ein weniger auf mythologische Vorstellungen zurückgehender als ziemlich barocker Gedanke erscheint, mag ihm auch die Hälfte aller österreichischer. Maler nachhängen. In Wahrheit wäre es nicht abstruser, anzunehmen, daß man einem Liniensystem plötzlich Farbemanationen entlocken könnte, wenn man nur lange und eindringlich genug über diese Möglichkeit meditiert. Nun, das macht nichts; in der Kunst haben der Umweg und die falsche Kalkulation schon öfter zu einem Ziel geführt als der gerade Weg zwischen den Meilensteinen logischer Schlüsse — und Max Weiler ist und bleibt ein Maler von hohen Graden. Er hat's mit der Farbe, die Farbe hat ihn und er rauft sich kräftig mit ihr herum; manchmal überwältigt sie ihn, und dann weiß er sich nicht anders zu helfen, als die Leinwand schwarz einzuranden, damit die Farbe nicht über den Bilderrahmen läuft, öfter aber besiegt er sie, ballt und drückt sie zu dunklen Haufen und Energiebündeln zusammen, die er mit einem Rot oder Gelb gewaltig entflammt — er weiß Feuerwerke zu entzünden, die nicht nur zwischen Hafelekar und Patscherkofel prachtvoll wirken. — In letzter Zeit ist Max Weiler offensichtlich dazu übergegangen, auch die Bildkonstruktion als wichtig zu empfinden. Seine letzten Arbeiten lassen darauf schließen, daß in seine Farben gewissermaßen ein Formgerüst einziehen möchte. Der Erfolg kann kaum schon beurteilt werden, doch zweifeln wir nicht daran, daß wir in einiger Zeit einen „neuen“ Weiler vor uns sehen werden, dessen Bilder sicherlich nicht weniger gewichtig sein werden, als sie es heute sind...

Die Ausstellung des Maler-Bildhauers Gerhart Swoboda weckt gleichfalls freundliche Gefühle. Ungleich Weiler hat er zwar noch nichts vorzuweisen, was in sich völlig abgeschlossen und unverwechselbar wäre. Auch verläßt er sich vorderhand noch allzusehr auf den bloßen Einfall, den er ziemlich unbekümmert auf dem kürzesten Weg ins Bildhafte übersetzt, ohne lang über das Wie und Wozu nachzudenken-, so grenzt die angenehme Leichtigkeit seines Schaffens manchmal fast ans Oberflächliche. Dennoch scheidet man, vielleicht zum erstenmal, von den Arbeiten Swo-bodas mit guten Erinnerungen; eS zeigt sich im Konzerthaus, daß er, dem formale Begabung von Anfang an nicht abgesprochen werden durfte, eine echte Beziehung zu Heiterkeit und vielleicht sogar zum Überfluß besitzt. Die konventionellen Darstellungsmotive der Halbabstrakten sind bei ihm kaum zu finden, aber er muß auch nicht zu Extravaganzen seine Zuflucht nehmen. Und das ist sicher ein gutes Zeichen. Das vermutlich unbegründete Mißtrauen, das der Kritiker im allgemeinen einer so schnell arbeitenden Produktion entgegenbringt, ist freilich auch hier nicht ganz zu besänftigen. Aber man darf getrost sein: es schaut ganz danach aus, als ob Swoboda es schaffen würde ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung