Mit Engagement und Biss nach ganz oben

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Jung, quirlig, Expertin für Wirtschaftsdelikte und ab 15. Jänner Justizministerin. Offensichtlich hat Claudia Bandion-Ortner die richtige Mischung aus Ehrgeiz und Charme. Schon in vergleichsweise jungen Jahren hat sie am Wiener Straflandesgericht den Vorsitz des Betriebsausschusses übernommen und mit der Konsumpleite einen Mega-Prozess verhandelt. 15 Jahre war Bandion-Ortner nun eine Fixgröße im "grauen Haus", mit mehrwöchiger Verspätung soll sie kommende Woche ihre Arbeit als Justizministerin aufnehmen.

Richtig bekannt wurde die Ende 1966 in Graz geborene Salzburgerin durch den größten Bankenskandal der zweiten Republik. Souverän leitete sie durch die 117 Verhandlungstage und parierte verbale Attacken von der Anklagebank mit markigen Sagern. Für Bandion-Ortner war der Skandal ein perfektes Sprungbrett, denn kein Parteichef interessiert sich für unbekannte Polit-Quereinsteiger. Zur Hochphase des BAWAG-Prozesses verging kaum ein Tag, an dem das Konterfei der "Frau Rat" nicht die Tageszeitungen zierte - nicht zuletzt, weil die frisch gebackene Trägerin des "Brillen Award 2008" 14 verschiedene Sehbehelfe besitzt. Während des Prozesses wolle "sie alle präsentieren", scherzte sie damals. Guter Sinn für Humor zeigt sich bei der Mutter eines kleinen Buben öfters: Bei ihrer Hochzeit 2002 im großen Schwurgerichtssaal wurden die Gäste "zur Urteilsverkündung" geladen. Als Personalvertreterin setzte sie sich dafür ein, dass die Adresse eines geplanten neuen Justizzentrums nicht ausgerechnet "Schlachthausgasse" lautet, und sie wünscht sich, dass die Leute später einmal sagen, mit ihr sei es lustig gewesen. Über einen Quereinstieg in die Politik sagte sie einst, er würde sie nur reizen, wenn sie etwas verändern könnte.

Viele Wünsche an die Neue

Und Grund für Veränderung gibt es für die ÖVP-nahe, aber parteilose Justizministerin mehr als genug. In der ORF-Sendung "Hohes Haus" haben ihr die Justizsprecher der Parlamentsfraktionen bereits einen Rucksack voller Wünsche umgehängt. Unisono machen sich die Justizsprecher von Grünen, FPÖ und BZÖ für eine Novellierung des Unterhalts- und Scheidungsrechts stark. Der grüne Albert Steinhauser ortet "massiven Reformstau bei der Justiz". Kritisch betrachtet Peter Fichtenbauer von der FPÖ, dass Scheidungen stets von jungen Richtern an den Bezirksgerichten verhandelt werden. Es müsse für Richter, die seit 20 Jahren im Amt sind, finanziell interessant gemacht werden, solche Fälle zu übernehmen. Werner Zinkl, Vorsitzender der Richtervereinigung glaubt, dass Bandion-Ortner durchaus Interesse an einem neuen Besoldungssystem haben könnte. Und die Diskussion um mehr Bedienstete müsse "dringend geführt werden", bekräftigt SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim. Im Vergleich zu 1997 ist im Strafvollzug ein Drittel weniger Personal beschäftigt.

Langeweile droht Bandion-Ortner in ihrem neuen Job also nicht, und ehemalige Berufskollegen trauen ihr gute Arbeit zu. Die Richterin gilt als "zupackend", auch sie ortet ein Personalproblem: "Die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz ist vielleicht dadurch gefährdet, dass wir zu wenig Ressourcen haben. Wir leiden unter akutem Personalmangel", meinte sie in einem Interview. Am 24. November designiert, am 16. Jänner angelobt, wird Bandion-Ortner die dritte Frau in Folge, die das Justizressort leitet. Mit Engagement und Biss nach ganz oben.

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