Spartanische Antigone

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Die Tragödie von Sophokles in der Regie von Sabine Mitterecker als gelungener Auftakt der Linzer Theatersaison.

Anstatt Shakespeares Komödie "Ein Sommernachtstraum", die unfallbedingt kurzfristig verschoben werden musste, geriet die politische, aktuell nicht unpassende Tragödie der "Antigone" (in der Übersetzung von Peter Krumme) zum Auftakt der neuen Limzer Theatersaison. Damit kann Sabine Mitterecker (Nestroy-Preis 2000), die erst vor wenigen Monaten "Psychose", das letzte Stück von Sarah Kane, beeindruckend inszeniert hatte, einen weiteren Regie-Erfolg für sich verbuchen.

In beiden Fällen gründet ihr Konzept auf der Klarheit und Musikalität der Sprache, dem sie bei der szenischen Umsetzung der "Antigone" so sehr vertraut, dass sie auf den Einsatz musikalischer Zitate kompromisslos verzichtet. Umso zwingender ziehen die ergreifend gestalteten Figuren des tragischen Geschehens, das ungeachtet des langen, doch genau getimten Atems zu einer stringenten Strichfassung verdichtet wurde, die Zuschauer in ihren Bann. Von den Wänden der spartanisch kargen Bühne (Notker Schweikhardt) mit einer sie großteils ausfüllenden hölzernen Plattform starren zahlreiche Scheinwerfer mit weißem, hartem Licht. Weiß sind auch die heute gängigen Anzüge der handelnden Personen (Kostüme: Alexandra Pitz).

Nur Antigone trägt ein symbolträchtiges schwarzes Top dazu. Sie weiß ja, dass sie in dem Konflikt zwischen dem Recht auf pietätvolle Geschwisterliebe und dem religiösen Gebot einerseits und der rücksichtslosen Staatsgewalt andererseits unterliegen und sterben wird. Entgegen dem Verbot Kreons, des überheblich gewordenen Herrschers in Theben, bestattet sie ihren Bruder Polyneikes.

Isabella Szendzielorz ist eine in jeder Phase glaubwürdige Antigone, die sich selbst, ihrem Charakter und ihrer Wesensart treu bleibt, während Bettina Buchholz die sanftmütigere Ismene gibt. Gerhard Brössner versteht es, dem zögerlichen Wächter die allzumenschlichen Züge zu verleihen, die zu dieser Figur gehören, und Georg Bonn berührt durch sein Unglück als Haimon, sich zwischen Sohnesliebe und der Liebe zu seiner Braut Antigone entscheiden zu müssen.

Lutz Zeidler macht alle Stadien des Kreon zwischen angemaßter Machtvollkommenheit und dem Elend von zu später Einsicht nachvollziehbar, denn am Ende versteht er sich selbst als ein Nichts. Von seiner Gattin Eurydike wird nur als Figur berichtet. In der Rolle des strengen Sehers Teiresias trat Silvia Glogner vor Kreon hin.

Die großartige Olga Strub zog als Chorführer (ohne Chor) alle Register ihrer Wandlungsfähigkeit: von temperamentvoller Heiterkeit bis zum Ausdruck tiefsten Schmerzes und rührte so an das Mitgefühl des Publikums.

Am Ende heißt es bei Sophokles: "Besonnenheit ist allererster Grund für Glück. ... Doch große Worte von Überheblichen büßen unter gewaltigen Schlägen ..."

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