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Kuckuck im Zaunkönignest

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Als Niederösterreicher muß man das nunmehrige enttäuschende Ende der Parteienverhandlungen über das Rundfunkvolksbegehren als doppelt deprimierend empfinden, hofften doch gerade die Rundfunkteilnehmer in Lande unter der Enns, daß bei der angestrebten Generalsanierung des österreichischen Rundfunks auch die stiefmütterliche Behandlung Niederösterreichs behoben werden würde. Der Regierungskrach ließ alle diese „ätherischen Wunschvorstellungen ins Nichts zerflattern.

Haben die meisten Bundesländer ein eigenes Landesstudio mit einer eigenen Wellenlänge im Mittelwellenbereich, müssen sich Wien, Niederösterreich und das Burgenland ein gemeinsames Studio und eine Wellenlänge teilen. Die Folge ist, daß jedes dieser drei Länder nur über ein Drittel der Lokalsendezeiten verfügt, die die übrigen Bundesländer in Anspruch nehmen können. Die Dreiteilung des Studios in der Wiener Argentinier Straße besteht jedoch nur auf dem Papier. In Wirklichkeit schneidet Niederösterreich in bezug auf seine Betreuung durch den Rundfunk noch weit schlechter ab. Wien spielt den Kuckuck im Zaunkönignest. Es läßt seinen beiden Nestgefährten nur wenig Raum — und droht neuerdings sogar, sie hinauszudrängen.

Das Regionalprogramm des Studios für Wien, Niederösterreich und Burgenland wird zum Großteil von Wienern für Wiener gemacht. Das bedeutet, daß meist nur solche niederösterreichische Beiträge gebracht werden, die die Wiener interessieren. Von einer „landesgerechten Betreuung kann unter solchen Umständen keine Rede sein.

Das Land unter der Enns ist ja außer dem kleinen Burgenland das einzige österreichische Bundesland ohne eigene Tageszeitung. In einer solchen „Notstandssituation, in der die private Initiative ausläßt, muß der demokratische Anspruch der niederösterreichischen Bevölkerung auf angemessene Information durch öffentliche Institutionen erfüllt werden. Es, wäre, .d^her die legitime Aufgabe des Rundfunks, die publizistische Lücke bei der Befriedigung des Informationsbedürfnisses der niederösterreichigchen Bevölkerung, die zwischen den auf die Bundeshauptstadt ausgerichteten Wiener Tageszeitungen und den niederösterreichischen regionalen Wochenzeitungen klafft, zu überbrücken.

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