Die Zeit der leisen Töne

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In diesen Tagen habe ich ein Buch von Wojciech Cejrowski über Amazonien gelesen. Die skurrilen politischen Ansichten des Autors, der unter anderem gerade erklärt hat, dass er wegen unserer Steuerpolitik nach Ecuador emigriert ist, teile ich nicht, aber die Reisebücher sind interessant. Der Autor berichtet von verschiedenen Formen des Respekts gegenüber dem Alter: Anerkennung für Erfahrung und Weisheit, aber auch Angst vor den Alten, welche die gefährlichen großen "Verbündeten" - Geister aus dem Jenseits - holen können, wie es in Afrika manchmal geglaubt wird. In anderen Regionen der Welt wird das hohe Alter vor allem geschätzt, wenn man als Familienoberhaupt funktioniert …

Und bei uns? Europa als alter Kontinent mit Jugendkult ist anders. Warum?

Weisheit und Erfahrung scheinen den jungen Generationen in Europa nicht besonders brauchbar; Weisheit (oder eher Weisheiten) und Infos holt man sich aus dem Internet, die Erfahrung nicht nur des Krieges, sondern auch von vierzig Jahren Arbeit in einer Firma scheint heutzutage völlig abstrakt zu sein. Die Älteren sind ja auch oft so unbeholfen im Umgang mit technischen Innovationen … Auch die langweiligen Werte der Älteren gelten vielen als überholt.

Doch gerade jetzt, da man allerorten die Gier als Quelle des Übels benennt, zeichnet sich der Wechsel ab. Die elementaren Regeln des Vertrauens, Aufrichtigkeit, Vorsicht, langer Atem und Lebenserfahrung haben sich in einigen Banken als besser erwiesen als die mathematischen Modelle der Chaos-Theorie (solche Experten sind in den letzten Jahren in der Bankwelt sehr gefragt gewesen).

Vielleicht kommt jetzt die Zeit der leisen Töne, die auch die alten Werte in neuem Licht erscheinen lässt. Was ich Ihnen und mir selbst von ganzem Herzen wünsche …

Die Autorin war von 2000 bis 2004 polnische Botschafterin in Österreich.

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