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Hautfarbe, soziale Herkunft und Bildung entscheiden darüber, wer in den USA getötet wird und wer nicht.

Nicht das Verbrechen selbst entscheidet darüber, wie schnell und ob überhaupt ein Verurteilter in den Vereinigten Staaten hingerichtet wird. Wesentlich wichtiger für den Zeitpunkt der Tötung ist, ob er oder sie arm oder reich ist, welche Hautfarbe die Verurteilten haben, welchen Bildungsstand, welches Geschlecht, welche Herkunft, welchen Wohnort oder welche sexuelle Orientierung - das behauptet zumindest eine wissenschaftliche Untersuchung des Kriminologen Dee Wood Harper von der Loyola-Universität in New Orleans: "Wenn man eine Maschine hat, die vorhersagen kann, ob ein Mensch stirbt oder nicht, und die zugrunde liegenden Faktoren haben rein gar nichts mit dem eigentlichen Verbrechen zu tun, dann haben wir ein willkürliches Tötungssystem", fasst Dee Wood Harper das Ergebnis seiner Studie zusammen.

Computer überführt Richter

Harper ist der Frage nachgegangen, weshalb manche Mörder in den usa jahrelang in der Todeszelle sitzen, während andere nach dem Urteil nicht lange auf ihre Hinrichtung warten. Gemeinsam mit einem Kollegen, der Computer programmiert, gab er die Merkmale von tausend Fällen in den Rechner ein und hoffte, dass sich daraus ein Muster ergeben würde - ein Muster, das erklärt, weshalb die Hälfte der Verurteilten tatsächlich hingerichtet wurde und die andere Hälfte nicht.

"Die Schlacht gewinnen"

Die Wissenschaftler fütterten den Computer mit Daten aus den Jahren 1973 bis 2000 und gaben zu jedem Verurteilten 19 Merkmale an: Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Bildungsstand, Wohnort, Jahr der Festnahme etc. Die Art des Verbrechens wurde nur in sehr allgemeiner Form angegeben. Dann ließen die Forscher das Programm laufen und ein Schema erstellen. Erstaunlicherweise gab das Programm in neun von zehn Fällen richtig an, ob das Todesurteil vollstreckt wurde oder nicht - ohne zu wissen, welches Verbrechen der Verurteilte genau begangen hatte und was die Verteidiger während des Verfahrens zu seiner Entlastung vorgebracht hatten.

Gegner der Todesstrafe haben seit langem argumentiert, dass die Todesstrafe in den Vereinigten Staaten unfair ist, weil ihre Anwendung nicht landesweit demselben Standard unterliegt. Demnach stirbt ein Mörder viel eher und viel schneller in einem Pro Todesstrafenstaat wie Texas oder Virginia als im liberalen Kalifornien, wo Berufungsrichter viel eher gegen das Urteil entscheiden.

In einem Gespräch mit der amerikanischen Zeitschrift Science & Theology News sagte Harper, dass er nicht vorrangig mit dem Vorsatz, die Todesstrafe in Frage zu stellen, an seine Studie herangegangen ist; Ausgangspunkt für seine Beschäftigung mit diesem Thema war, dass er nach einem geeigneten Forschungsgegenstand für das von seinem Kollegen Stamos Karamouzis entwickelte Computerprogramm "Artificial Neural Network" gesucht hat. Von den Ergebnissen seiner Studie erhofft Harper sich eine Versachlichung der Debatte um die Abschaffung der Todesstrafe: "Wenn du harte empirische Fakten liefern kannst, die zeigen, dass die Todesstrafe in den usa nicht fair gehandhabt wird, dann kannst du die Schlacht gewinnen. Und wir sagen: Hier sind die Fakten, so läuft das bei uns - und auf lange Sicht wird das in der Argumentation gegen die Todesstrafe einen großen Unterschied machen." WM/APA

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