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Man muss Jair Messias Bolsonaro nicht in Schutz nehmen. Der Präsident Brasiliens ist ein anschauliches Beispiel für einen derzeit beliebten Politikertypus, der nicht trotz, sondern wegen seiner Rohheit und Dumpfheit gewählt wird.

Es ist also nicht weiter verwunderlich, wenn er rassistische, sexistische Inhalte vertritt und sich streng nationalistisch gibt – nicht aus Überzeugung, sondern aus Beschränktheit. In diesem Sinn ist es auch nicht erstaunlich, dass Bolsonaro nun zum Halali auf jene Politiker der G7 bläst, die dem großen Abfackeln in Amazonien Einhalt gebieten wollen. Das Problem ist: Bolsonaro hat in einem gewissen historischen Sinn recht, wenn er sich gegen die Einmischung verwahrt – auch wenn ihm das vermutlich nicht bewusst ist. Die Feuer in Amazonien sind nicht nur Ausdruck gieriger Kriminalität, sondern auch Symp­tom einer tieferen Malaise ist, die sich ebenfalls in Afrika zeigt. Dort versuchen die Regierungen, die Zahl der Kohlekraftwerke zu verdoppeln, während der Klimaschutz das Gegenteil verlangt.

Historische Schulden

Es werden aber weder dort noch in Brasilien Appelle aus Europa oder den G7 fruchten, sich doch am Klimaschutz zu orientieren. Denn Brasiliens Viehzüchter und Afrikas Politiker machen nichts anderes als das, wozu sie der Wes­ten seit Jahrzehnten auffordert: Sie versuchen im Wachstum und vulgo im Reichtum auf alle mögliche Art aufzuholen. Diese unter Ökonomen als Catch-up-Prozess beschlagwortete Entwicklung bedeutet nichts anderes als die Erreichung höheren industriellen Niveaus auf Kosten von natürlichen Ressourcen – denn andere stehen aufgrund technischer Möglichkeiten nicht zur Verfügung. Es ist eine Strategie des Wachstums um jeden Preis und das Vorbild dafür sind die Industriestaaten selbst. Sie haben ihren Reichtum genau so erzielt und damit seit 250 Jahren die Klimamalaise aufgebaut.

Haben sie recht, den Bolsonaros und Entwicklungshungrigen des Südens vorzuwerfen, das Gleiche zu tun und als lässige Geste ein paar Millionen Dollar zu spenden, damit die Feuer gelöscht werden? Das löst das Problem der ökonomischen Ungleichheit nicht. Im Sinne eines Ausgleichs müsste der Westen den Klimaschutz im Süden hauptsächlich bezahlen. Vor einigen Jahren hat Ecuador einen vernünftigen Plan vorgelegt, der westliche Mittel für den Schutz der Urwälder vorsah. Dieser Plan sollte auf globaler Ebene wieder aufgenommen werden. Es geht um ein Lungenschutzprogramm für die Welt. Dagegen wird auch Bolsonaro nichts haben. Man muss ihn nur hoch genug bestechen.

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