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Knochentrocken – „Fallende Blätter“

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Aki Kaurismäki gelingt mit seinem neuen Opus, der lakonischen Tragikomödie „Fallende Blätter“, ein berührender Liebesfilm über zwei einsame Underdogs.

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Aki Kaurismäki gelingt mit seinem neuen Opus, der lakonischen Tragikomödie „Fallende Blätter“, ein berührender Liebesfilm über zwei einsame Underdogs.

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Nachdem Aki Kaurismäki nach seinem letzten Film „Die andere Seite der Hoffnung“ (2017) zum wiederholten Mal seinen Rückzug vom Filmgeschäft erklärt hatte, meldet er sich sechs Jahre später doch wieder triumphal zurück. In jedem Bild, in jedem Dialog und jedem Song ist der in Cannes mit dem Jurypreis ausgezeichnete „Fallende Blätter“, den Kaurismäki selbst als Fortsetzung der proletarischen Trilogie „Schatten im Paradies“ (1986), „Ariel“ (1988) und „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ (1990) sieht, unverkennbar ein Film des finnischen Meisterregisseurs.

Wieder stehen vom Leben gebeutelte, einsame Underdogs im Zentrum, und wieder sind die sozialen Verhältnisse bedrückend. Einzig die Liebe erscheint in dieser Situation als Rettungsanker.

Auf der einen Seite ist da die Supermarktkassiererin Ansa (Alma Pöysti), die entlassen wird, als sie ein Wachmann denunziert, weil sie ein abgelaufenes Sandwich nicht in den Abfallcontainer geworfen, sondern in ihre Handtasche gesteckt hat. Auf der anderen Seite gibt es den Arbeiter Holappa (Jussi Vatanen), der seinen Job und seine Wohnung im Werkheim verliert, als seine Alkoholsucht bekannt wird.

In einer Karaokebar treffen sich ihre Blicke bei Schuberts „Ständchen“, und man spürt in der Schnittfolge, wie die Liebe ausbricht. Zaghaft nähern sie sich, verlieren sich aber auch immer wieder aus den Augen.

So einfach die Geschichte ist, so meisterhaft ist das inszeniert. Kaum Kamerabewegungen sind nötig, fast nur in statischen Einstellungen erzählt Kaurismäki, doch jede davon ist genau gewählt und treibt die Geschichte weiter. Dazu kommt eine Farbdramaturgie, die die Bilder zum Strahlen bringt und ihnen Präsenz verleiht. Durchtränkt von Kinoleidenschaft ist dieser Film nicht nur mit dem Kinobesuch von Jim Jarmuschs Zombie-Komödie „The Dead Don’t Die“, sondern auch durch Kinoplakate oder den herrenlosen Hund, dem Ansa den Namen „Chaplin“ gibt.

Liebeserklärung ans Kino

Eine Liebeserklärung an die Vorbilder Kaurismäkis ist diese Tragikomödie, die einerseits durch Schauplätze und Ausstattung aus der Zeit gefallen wirkt, andererseits durch Radionachrichten über den Ukrainekrieg in der Gegenwart verankert ist.

Dieser seltsame Mix der Zeiten stört aber nicht, sondern trägt nicht unwesentlich zur ebenso betörenden wie melancholischen Stimmung bei, die durch schwermütige finnische Songs noch gesteigert wird. Gleichzeitig sorgen die knochentrockene Inszenierung, das stoische Spiel der Schauspieler(innen), vor allem aber die meisterhaft knappen, lakonischen Dialoge immer wieder für hinreißenden Witz: Tieftraurig und zugleich schreiend komisch sind so viele Szenen, und in der zutiefst bedrückenden Situation breitet sich in diesem zarten Meisterwerk durch die Liebe Wärme aus.

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