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Größe und Mittelmaß

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Das Thema ist sicherlich gewaltig: „Michelangelo — Inferno und Ekstase”, die Dynamik und gewalttätige Größe des Renaissancemenschen, die säkulare Künstlerschaft eines Universalgenies und die Entstehung eines der großartigsten und kostbarsten Kunstwerke der Menschheit, die Fresken der Sixtina; aber die filmische Realisation war weniger von der Ehrfurcht einem genialen Werk gegenüber bestimmt als von dem Bestreben, einen eindrucksvollen Stoff für einen Monsterfilm zu erarbeiten. So vieles blieb im sattsam bekannten Klischee farbenprächtigen Filmbilderbuchs stecken, das stört auch die Simplifizierung einer Gestalt, weil auf die geistige Größe unzureichend eingogangen „wird und man sich mehr auf das Schaugeprfinge bewegtet’ Kampfszenen und dekorativer Interieurs verläßt. Charlton Heston und Rex Harrison sind die beiden großen Gegenspieler, von denen aber letzterer als Papst Julius II. wesentlich stärker wirkt als Charlton Heston, der zuviel auf kriegerische Historienflguren festgelegt ist und dessen geistiges Ringen zu sehr „erspielt” anmutet. Nur in ein paar Momenten wird jenes verniedlichende Mittelmaß überwunden und der große Atem spürbar, den man dem ganzen Film gewünscht hätte.

Der französische Streifen „Die blonde Sünderin” behandelt das Thema des Glückspiels, demonstriert an einer Frau, die diesem „Teufel” verfallen, zuletzt aber durch die anhängliche Liebe eines jungen Mannes geheilt wird, was aber nur schwerlich zu dem Charakterbild der Frau paßt. Der Film lebt in erster Linie von dem differenzierten Spiel der erblondeten Jeanne Moreau, die, unter der Regie von Jacques Demy, dieser Gestalt durch eine differenzierte Nuancierung näherzukommen versucht, aber die Unglaubwürdigkeit der Geschichte doch nicht zu überspielen vermag.

Ein hintergründiger Humor mit nur scheinbar verspielten Belanglosigkeiten wird in der tschechischen Komödie „Niemand wird lachen” erkennbar, in dem ein junger tschechischer Kunstsachverständiger von dem Kollektiv mißtrauischer Borniertheit zur Strecke gebracht wird, nicht weil er ein Vergehen begangen, sondern weil er anders als die Masse, eben ein Individuum mit eigener Meinung ist. Die Ironie ist behutsam und bitter zugleich, denn hinter komischen, heiter ausgeleuchteten Alltagssituationen entlarvt sich der grausame Haß des nivellierten Kollektivs gegen jeden höheren Grad von Intelligenz und eigenständiger Denkfähigkeit.

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