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Der Buchplan

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DAS DRITTE BUCH ÜBER ACHIM.

Roman von Uwe Johnson. Suhrkamp- Verlag, Frankfurt am Main. 337 Seiten. Leinen. Preis 15.80 DM.

In seinem neuen Roman schildert Johnson den Versuch eines westdeutschen Journalisten, über den ostdeutschen Radrennfahrer Achim T. ein Buch zu schreiben. Wir lesen eine Analyse der Ursachen, die das Vorhaben scheitern lassen. Das erinnert in der Grundidee an Michel Butoi-s „Zeitplan”, der, in fünf verschiedenen und einander überlagernden Schichten Zeit operierend, die Geheimnisse einer englischen Industriestadt zu bannen versucht.

Johnson geht weniger kompliziert vor. Er erzählt, so wenig engagiert und so beiläufig, ja trocken wie möglich, alltägliche Begegnungen und Begebenheiten unter dem fahlen Licht des ostdeutschen Regims. Sein Blick wirkt, als sei er frei von Ressentiments und Vorurteilen, die sowohl Streit als Gespräch zwischen West und Ost zumeist unfruchtbar machen. Er überläßt es dem Leser, mit den Mosaiksteinen, die er liefert, ein Puzzlespiel weiterzuspielen, dessen Ausgang ihm (und uns allen) unbekannt ist, soweit es die geistigen Probleme betrifft.

Zu diesem Unternehmen paßt Johnsons Diktion und Sprache mit ihren eigentümlichen Wortstellungen und Interpunktionen: die Verfremdung durch solche Effekte schafft einen gleichsam schwankenden Boden, eine trügerische Atmosphäre, in der man auf alles gefaßt ist. Das wäre letztlich ebenso allegorisch gemünzt wie die Romanhandlung, die im Nichtschreiben des Buches besteht, und vieles andere. Doch des Autors Sprache hatte sich bereits seit längerem („Mutmaßungen über Jakob”) auf diesen Stil zubewegt und damit schon vorher, ersichtlich ebenfalls allegorisch, Fremdheit auch dem Westen, überhaupt dem Heute gegenüber betonen wollen. Das war ein guter Start. Nun mag als Steigerung in kommenden Werken entweder eine Vertiefung und Transzendierung des Materials durch symbolische Instrumentarien folgen oder aber, und dies scheint naheliegender, der Versuch, zu jener gläsernen Durchsichtigkeit zu gelangen, die in Frankreich bereits in Akademismus zu landen beginnt, während andere Völker noch vergeblich und doch recht hungrig darnach streben.

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