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Laute Meditation in Linz

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Thornton Wilder erzielte mit seinem Drama „Unsere kleine Stadt“, das nun in den Kammerspielen des Linzer Landestheaters zu sehen ist, 1938 seinen ersten Welterfolg. Der völlige Verzicht auf das Illusionstheater zwingt den Zuschauer, aktiv mitzudenken. Das Drama führt zur Erkenntnis transzendenter Wahrheiten, vor allem der Bezogenheit des Menschen auf Gott. Wilder äußert sich im Alter zu diesem Werk: „Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wäre das Stück so was wie die Genrestudie eines Dorfes. Sieht man aber genauer hin, dann entdeckt man eine Meditation über das Problem, wie man das Leben begreift, während man es lebt.“

Die Linzer Aufführung unter der Regie von Gerhard Knick zeigt wohl eine gute Ensembleleistung, läßt aber diese „Meditation“ vermissen. Wesentliche Sätze gehen unter. Damit geht auch von der Poesie des Stückes viel verloren. So blieb auch aus, was der Dichter verlangt, daß sich, „als Emily am Ende in einer herzzerreißenden Szene als erfolgloser Mensch ins Leben zurückkehrt, hinter dieser Szene eine Kulisse von nahezu furchterregender Unendlichkeit der Dinge aüftut“. Es ist weder die Szene herzzerreißend noch kommt es zu dem erschütternden Eindruck. Dafür läßt die Regie die andeutenden Gesten überdeutlich ausführen, wohl für die, „die ohne Kulissen nicht auskommen“. Auch ist Kunibert Gensichen mehr ein jovialer Akteur als der darüberstehende Leiter und Deuter des Spieles. Alle übrigen Mitwirkenden bilden ein kompaktes Ensemble, aus dem nur Emily stärker hervortritt. Ingrid Heitmann stattet sie mit liebenswerten Zügen aus, als junges Mädchen wie als junge Frau, die das zweite Kindbett nicht übersteht und, einsichtig geworden, im Reich der Toten bleibt. Ihr Partner ist Peter Uray als gutmütiger Junge und schüchterner Liebhaber. Aus der großen Zahl der Mitwirkenden seien noch herausgegriffen Elfriede Gollmann und Georg Matthes als Ehepaar Webb, Ludwig Geiger und Maria Hanke als die Gibbs, Berti Halovanic als redselige Mrs. Soames, Friedrich Grossart als gut charakterisierter Stimson. Das Premierenpublikum dankte mit starkem, lang anhaltendem Beifall.

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