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Licht und Schatten

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MEINE JUGEND IN RUSSLAND. Unter Lumiėre et Ombres. Von Prinzessin Sinaida 1965. 336 Seiten.

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MEINE JUGEND IN RUSSLAND. Unter Lumiėre et Ombres. Von Prinzessin Sinaida 1965. 336 Seiten.

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Das Licht — das sind die anschaulichen Schilderungen vom Leben russischer Landedelleute, von dem Mädchenintemat in St. Petersburg, vom Ausbruch der Revolution und den Wendungen des Bürgerkriegs. Die Schatten — das sind die Eigenheiten der deutschen Fassung. Klüglich hat man zwar auf der vierten Seite gedruckt, das Buch wäre „Aus dem Französischen von John C. Oldenbourg“; doch wir wollen uns nicht täuschen lassen, es ist aus dem Französischen von Frau von Malewsky-Malewitch, geborene Fürstin Schachowskoy, übersetzt ins Deutsche von John C. Oldenbourg. Dazu gehören Transkriptionen russischer Namen und Wörter in reichsdeutsche Orthographie, es wird nämlich angenommen, jedermann müßte ein „S“ wie das slawische „Z“ aussprechen, und so wird auch der Vorname der Autorin — französisch wäre er „Zėnaide“ — als „Sinaida“ eingedeutscht. Und nun ihr Geburtsname! Weil es im Französischen kein „ch“ gibt, muß sie sich in Frankreich „Schakhowskoy“ schreiben; flink heißt sie jetzt „Schakowskoy“ ... etwa als ob ein Franzose den Weimarer Dichter „Gėte“ schreiben wollte, weil man dessen Namen im Russischen anders nicht schreiben kann ... Aber liest man darüber hinweg, kann man sich freilich an dem Inhalt vergnügen und belehren. Den österreichischen Leser wird es am meisten interessieren, daß die Nationalitätenfragen des anderen Vielvölkerreiches auch hier ihre Spuren hinterlassen haben; so die Frage der ukrainischen Sprache, und des von den Viermächten gestützten ukrainischen Staates. Oder es wiederholt die Autorin den alten Witz: „In Georgien genügt es, eine gewisse Anzahl von Schafen zu besitzen, um als Fürst zu gelten“; man fühlt sich erinnert an die Mahnung in „This Salzburg“, es wäre ein Irrtum, anzunehmen, daß jede österreichische Zimmervermieterin als „Gräfin“ zu bezeichnen sei. Doch von solchen neckischen Scherzen abgesehen, möchten wir das Buch als Augenzeugenbericht einer großen Umwälzung allen Lesern empfehlen, die sich über das Verhältnis von Rechts und Links nicht recht klar sind.

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