Werbung
Werbung
Werbung

Der Pressesprecher des Bischofs jammert in der Kolumne auf der Titelseite über den grassierenden Werteverfall durch den Liberalismus. Zwei Seiten später darf Michael Dinhobls Chef Kurt Krenn seine Sicht von Welt und Kirche im ganzseitigen Interview kundtun: Ostern ist das höchste Fest der Christenheit, und da geizt auch die am rechten Rand des politischen Spektrums angesiedelte Wochenschrift Zur Zeit nicht mit frommen Autoren und Gesprächspartnern.

Doch Zur Zeit kann auch ganz anders als fromm sein: Vor knapp einem Jahr hatte der Politologe Werner Pfeifenberger, gegen den eine Gerichtsverhandlung wegen Wiederbetätigung anberaumt war, Selbstmord begangen. Zur Zeit schoss daraufhin aus allen Rohren und beschimpfte unter dem Titel "Tödlicher Tugendterror" die linke "Jagdgesellschaft", die für Pfeifenbergers Tod verantwortlich sei. Köpfe von Politikern, Journalisten und Wissenschaftern wurden in Zur Zeit unter der Zeile "Portraits einer Jagdgesellschaft" abgebildet.

Der jüdische Journalist Karl Pfeifer, der in der Zeitung der Israelitischen Kultusgemeinde Die Gemeinde verlangt hatte, Pfeifenberger vor Gericht zu stellen, klagte Zur Zeit wegen des "Tugendterror"-Artikels, in dem auch behauptet wurde, Pfeifer habe gegen Pfeifenberger eine "Menschenhatz eröffnet", die "in der Folge bis zum Tod des Gehetzten gehen sollte".

Gott sei Dank gibt es in Österreich aufmerksame Richter: Zur Zeit wurde wegen der unglaublichen Anwürfe - in erster Instanz - zu 50.000 Schilling Strafe verurteilt. Der Autor des "Tödlichen Tugendterrors", Erwin Steinberger, konnte nicht belangt werden, denn der Name ist ein Pseudonym, hinter dem sich - so der Zur Zeit-Anwalt beim Prozess - "eine christlich-konservative Person des öffentlichen Lebens" verberge.

Nach dem Urteil gab es für Zur Zeit und den hinter "Erwin Steinberger" versteckten christkonservativen Schreiber dennoch kein Halten: Es war klar, dass die stramme Wochenschrift über den Gerichtsspruch lamentieren würde. Doch "Erwin Steinberger" bezeichnete dann die 50.000 Schilling Strafe, die an Karl Pfeifer zu zahlen sind, als "Silberlinge". Die antisemitische Impertinenz scheint kaum mehr überbietbar: Zur Zeit bringt Karl Pfeifer also mit dem Judaslohn der Passionsgeschichte in Verbindung - und beweist so einmal mehr, dass es ebenso alte wie üble Ressentiments pflegt. Unverbesserlich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung