Europas schlafende Medienpolitik

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Fast gebetsmühlenartig kann man in den medienpolitischen Kommentaren über Österreich lesen, wie fatal es sich auswirkte, dass man hierzulande zusah, wie die Kronen Zeitung zum beherrschenden Printmedium wurde, dass dann nichts unternommen wurde, als das Mediaprint-Imperium entstand, und zuletzt: als sich dieses Konglomerat durch das Beitreten der Fellner-Medien noch ausweitete.

In Österreich hält die große Welt aber maximal ihre Probe: Denn spätestens die dramatische Krise der deutschen Kirch-Gruppe zeigt, dass auch anderswo in Europa wichtige medienpolitische Hausaufgaben nicht gemacht worden sind, und dass entsprechende europäische Spielregeln offenbar fehlen.

Dann das Beispiel Italien, das mittlerweile zu einem viel größeren medienpolitischen Trauerspiel als Österreich geworden ist: Die Verknüpfung von Medienmacht, Legislative, Exekutive - personifiziert in der Person Silvio Berlusconis - rief die Besorgten erst dann auf den Plan, als die Kumulation von medialem und politischem Einfluss nicht mehr verhindert werden konnte: Berlusconi ist zweifelsohne ein Geist, der - vom italienischen Wahlvolk gerufen - kaum mehr loszuwerden ist.

Die Vorgänge rund um Kirch in Deutschland zeigen hier auch, dass das italienische Problem schlagartig zum Gespenst für Europa werden könnte: Nicht auszudenken, würde der Regierungschef des einen Landes seinen Fuß in der Tür eines Medienimperiums des anderen Landes haben: Wenn etwa Kirchs TV-Sender Sat.1 künftighin auch Berlusconis Interessen verpflichtet wäre, würde eine neue Qualität des Einflusses auf dem privaten Mediensektor erreicht.

Es sieht zwar zur Zeit nicht danach aus, dass der italienische Medienmogul bei Kirch wirklich reüssieren wird. Aber es gibt kaum Möglichkeiten, Berlusconi nachhaltig an derartigem Unterfangen zu hindern.

Was gelernte Österreicher seit Jahren wissen, zeigt sich nun auch hier: Wenn die Medienpolitik schläft, bemächtigen sich ihrer die Medienunternehmen.

Dies kann aber keinesfalls im Interesse einer freien und demokratischen Entwicklung der Gesellschaft liegen. Otto Friedrich

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