Heuriger statt Newsdesk

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Mit Grün-Rot hat der ORF die heurigen Sommergespräche begonnen. Letzte Woche Alexander Van der Bellen und diesen Dienstagabend Alfred Gusenbauer. Eine Reihenfolge, die dem Grünen-Chef entgegen kommt, will dieser doch nach der nächsten Nationalratswahl "mit der SPÖ aus der Position der Stärke verhandeln": doppelt so viele Mandate als zuletzt und ein Stimmenanteil von 15 Prozent.

Mit diesem gar nicht bescheidenen Wahlziel wollte Van der Bellen wohl Werner Mück mitsamt den Zusehern überraschen und seinem Image vom faden Gesprächspartner, der sich nie zu markigen Ansagen hinreißen lässt, entgegentreten. Doch die Rechnung ging nicht ganz auf, denn bass erstaunt war schließlich nur Van der Bellen selbst, als ihm sein ORF-Visavis eine Meinungsumfrage unter die Nase hielt, die den Grünen schon 14 Prozent der Stimmen bescheinigte. Mit den prognostizierten 36 Prozent für die SPÖ wäre das die Mehrheit. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte sich die Stimmung beim Wirten im Südburgenland, wohin der Professor eingeladen hatte, ein wenig aufheitern können. Noch dazu, da eine weitere Umfrage den Grünen-Chef bei der Kanzler-Frage an die zweite Stelle reihte.

Doch das Sommergespräch wollte trotzdem kein wenig inspirierend, kein bisschen feuilletonistisch werden und weg von den Tagesthemen und dem üblichen Hickhack kommen. Ein ausgewalztes ZIB2-Interview, statt Newsdesk halt ein Heurigentisch. Viel mehr ist auch dem mit zahlreichen Vorschusslorbeeren bedachten Werner Mück nicht gelungen, aus seinem gescheiten Gegenüber herauszulocken.

Dabei wäre gerade die Anfangsfrage zur Hochwasserkatastrophe ein exzellentes Stichwort für Van der Bellen gewesen, um mit einer grünen Grundsatzrede über Verbauungsstopp, Klimapolitik und Nachhaltigkeit zu brillieren. Anstatt dessen beschränkte sich der Professor darauf, erneut auf die Unsinnigkeit und Unmöglichkeit einer derzeitigen Steuerreform hinzuweisen. Ein bisserl wenig für ein Katastrophensommer-Gespräch und keinesfalls eine grüne Position der Stärke. WM

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