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Braucht der „Ochs“ einen Kooperator?

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Da wurde nun, in der erneuerten Staatsoper, als sechste Premiere des Opernfestes der „Rosenkavalier“ neuinszeniert. Eine der saftigsten, populärsten Gestalten, seinerzeit eine Paraderolle des unvergeßlichen Richard Mayr, dem sie auf den Leib geschrieben war, ist der Baron Ochs. Ein merkwürdiger „Herr“, dieser Lerchenauer, ein rustikaler Lebemann, Don Giovanni und Leporello in einem, aber der Ochs, so kommentiert Hofmannsthal, „sei er wie er sei, ist immer noch eine Art von Edelmann“. Hofmannsthal hat ihm auch ein Gefolge mit auf die Bühne gegeben, „verdächtige Gestalten“ in schlecht sitzenden Livreen, unter ihnen „ein junger, großer Lümmel, der dumm und frech aussieht“, ein Leibjäger, der kurz vorher, noch „Mist geführt haben mag“, und — als Almosenier: „ein verwilderter Dorf kooperator, ein vier Schuh hoher, aber stark und verwegen aussehender Gnom“.

So steht es tatsächlich im Textbuch ... Und diese Gestalten benehmen sich ihrem Aussehen entsprechend, steigen sich gegenseitig und den anderen, vornehmeren Livrierten im Gefolge Octavios, auf die Füße, jagen den Faninalschen Mägden nach und treiben allerhand täppischlustigen Unfug. Und mitten unter ihnen: der Dorfkooperator.

Wir haben ihn bei früheren Aufführungen kaum bemerkt, weil er sich anscheinend im Hintergrund hielt oder vielleicht überhaupt nicht vorhanden war. Diesmal nun, in der Neuinszenierung während des Wiener Opernfestes, hat man ihn mit einer Art Ordensgewand bekleidet und auf eine recht ungute Art in den Vordergrund gerückt, mit kleinen Soloszenen und -spaßen, an denen wir gar keine Freude haben, ja die wir recht deplaciert und ärgerlich finden.

Man verstehe uns recht. Es sollen hier keineswegs alte Zensurkämpfe, die die Autoren des „Rosenkavaliers“ wegen der Lever-Szene der Marschallin zu bestehen hatten, aufgewännt oder erneuert werden. Daher: nichts gegen den ..Rosenkavalier“ in seiner heutigen Gestalt. Aber wir hätten gern, daß man die Sphären trennt. Dieser Dorfkooperator im zweifelhaften Gefolge des „Ochs“ war eine recht bizarre Idee Hofmannsthals, eine Laune, ein Einfall ohne tiefere Bedeutung. Diese Gestalt noch zu akzentuieren, ist aber bereits geschmacklos. Daher, für die folgenden Aufführungen: bitte, womöglich ganz ohne Kooperator. Der „Ochs“ braucht ihn nicht und das Publikum wird ihn gern entbehren.

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