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Allein am besten

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In welcher Richtung sich die von Topsy Küppers gegründete und geleitete „Freie Bühne Wieden“ entwickeln wird, was sich da, heftig zwischen politisch Engagiertem und fallweise schon mehr Deftigem als Frivolem pendelnd, endgültig herausmausern wird, steht noch in den Sternen. Aber daß Topsy Küppers nicht nur als Leiterin, sondern vor allem als Schauspielerin die bedeutendste Aktivpost dieses Theaters ist, hat ihr neues, abendfüllendes Ein-Frau-Programm wieder einmal bewiesen. Aber was heißt da Schauspielerin. Sie ist sehr viel mehr. Sie ist Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin in einer Person.

„Ich fange an!“ heißt das neue, abendfüllende Programm der Freien Bühne Wieden, in dem nur Topsy Küppers auftritt und sonst niemand Platz hätte, eine Funktion fände. „Eine Biographie in Liedern“ nennt sich das Ganze, und es ist eine Personality-Show, in der Topsy Küppers erzählt, wie sie Topsy Küppers geworden ist, und zwar vom Zum-Theater-Wollen der Zehnjährigen bis in die jüngste Vergangenheit, bis zur Eröffnung ihres Theaters.

Und es ist eine außerordentlich wirkungsvolle, charmante, gekonnte Mixtur aus Persönlichem, Allerpersön-lichstem und Zeitgeschichtlichem, von Ernstem und Heiterem, von Tanz und Gesang, von Packendem und Zupackendem und mehr routiniert (aber immer hochprofessionell) Serviertem. Auch wenn sie gelegentlich einmal sehr gezielt auf die Tränendrüse drückt - sie weiß genau, wo die sitzt und wie man sie reizt. Die neue Show ist demnach eine würdige Fortsetzung der unvergeßlichen „Lola Blau“, und wer nicht hingeht, ist selber schuld, wenn er einen Abend versäumt, der ununterbrochen unterhält und immer wieder auch zu denken gibt ('s war' nicht die Topsy Küppers, fiele nicht dann und wann auch ein unaussprechliches Wort).

Was bei ihr immer wieder besonders fasziniert: Sie ist engagiert, sie hat politische Überzeugungen (und redet davon), sie träumt von einer besseren Welt (und will bei ihrer Entstehung mitwirken), aber - und hier steht sie im krassen Gegensatz zu vielen anderen, die es auch gut meinen - sie betrachtet Engagement nicht als Freibrief für Dilettantismus. Was sie tut, das tut sie perfekt. Ihre Körperbeherrschung ist enorm, sie singt nicht nur, sondern kann's auch, tanzt nicht nur, sondern obendrein gut, da ist nicht die geringste Spur von „Ich will, aber ich kann nicht“. Und sie ist dabei immer ganz und gar sie selbst. So, wie sie ist, muß man sie nehmen. Und froh können wir sein, daß es sie gibt.

Die neue Show arbeitet übrigens mit Diapositiven im Hintergrund, Tonbandeinblendungen und so weiter, für die Regie zeichnet Michael Gampe verantwortlich, den man bislang als Hauptdarsteller der „Family“ und Regisseur eines Stückes in der „Courage“ kennengelernt hat. Am Flügel sitzt souverän Isaac Steiner, Fred Marteny choreographierte, Inge Lüttich und Lambert Hofer stellten die Kostüme bei, das Bühnenbild ist von Tamare, und Lebende und Tote von Erich Kästner bis Georg Kreisler stellten die Texte zur Verfügung.

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